
Agile Arbeit: Der große Leitfaden zu Agilität im Unternehmen
Unsere Arbeitswelt wandelt sich: Neben den Pionieren agiler Arbeitsformen aus dem Silicon Valley treten zunehmend auch deutsche Unternehmen in Erscheinung, die mit der „Neuen Arbeit“ ihre meist positiven Erfahrungen sammeln. Unter wohlklingenden Titeln wie „Leadership 2020“, „Nwow“ oder „NewWoW“ starten sie Initiativen, um ihre Arbeitswelten der Zukunft zu gestalten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick zum Thema agile Arbeit und welche Wege Organisationen gehen, um auf eine steigende Komplexität zu reagieren.
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Agile Arbeitsformen kompakt zusammengefasst
- Kapitel 2: Gründe für agiles Arbeiten
- Kapitel 3: So funktioniert agile Arbeit in der Praxis
- Kapitel 3.1: Prinzipien agiler Arbeitsweisen
- Kapitel 3.2: Agile Praktiken und Artefakte
- Kapitel 3.3: Agile Methoden im Überblick
- Kapitel 3.4: Agile Vorgehensmodelle nach Arbeitsbereich
- Kapitel 3.5: Agile Organisationsstrukturen und -modelle
- Kapitel 3.6: Agile Rollensysteme
- Kapitel 3.7 Führung im agilen Kontext
- Kapitel 3.8 Agile Unternehmensleitplanken
- Kapitel 4: Agile Arbeit im Unternehmen einführen
- Kapitel 4.1: Vom Status quo zur agilen Transformation – Warum der Reifegrad entscheidend ist
- Kapitel 5: Agilität und KI – Wie sich neue Technologien und adaptive Arbeitsweisen ergänzen
- Fazit: Agilität als Schlüssel zur erfolgreichen Nutzung von KI
Einleitung
Unsere Arbeitswelt wird durch sich permanent verändernde Herausforderungen geprägt: Digitalisierung, unsichere Märkte und steigende Komplexität fordern Unternehmen mehr denn je heraus, flexibel und schnell zu reagieren. Während klassische Managementmodelle an ihre Grenzen stoßen, experimentieren mehr und mehr Unternehmen mit agilen Formen der Zusammenarbeit. Und dies mit Erfolg: Sie sind 15-60 % erfolgreicher als Teams in einer „Kommando-und-Kontrolle“-Arbeitswelt.
Auch wenn Scrum, Kanban und OKR Schlagwörter sind, die man häufig hört, steckt hinter echter Agilität viel mehr. In diesem Artikel teilen wir unsere Definition von Agiler Arbeit. Wir zeigen, wie die vier zentralen agilen Werte sowohl Organisationen als auch Teams und Einzelpersonen unterstützen, aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Abgeleitet aus unseren Erfahrungen in diversen Kundenprojekten beleuchten wir die gesellschaftliche Relevanz, die Auswirkungen auf Unternehmen und die konkreten Möglichkeiten, die agile Arbeit für Teams und Einzelpersonen bietet. Darüber hinaus erleben wir aktuell durch die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) eine ganz neue Wechselwirkung zwischen Mensch und Maschine.
Kapitel 1: Agile Arbeitsformen kompakt zusammengefasst
Von Scrum über Design Thinking bis Holacracy: Die Welt agiler Arbeitsformen bringt neben neuen Vorgehensmodellen und Methoden auch eine neue Sprache. Diese Executive Summary gibt einen ersten Überblick.
Seitdem Scrum und Kanban sich in vielen IT-Abteilungen etabliert haben, werden diese Vorgehensmodelle in Unternehmen mit agiler Arbeit gleichgesetzt. Doch echte Agilität geht weit über solche Frameworks hinaus. Neben Ansätzen für verteilte Teams, hybride Arbeit oder Homeoffice-Modelle ergänzen neue Führungs- und Organisationsmodelle, Gehaltssysteme und viele weitere Komponenten all das, was heute unter agilem Arbeiten zusammengefasst wird.
Durch diese Vielzahl an Möglichkeiten herrscht bei der Definition agiler Arbeit eine gewisse Unschärfe. Bezeichnungen wie „Arbeit 4.0“, „Neue Formen der Zusammenarbeit“ oder „New Work“ werden synonym genutzt und es kommt häufig zu Missverständnissen, weil Menschen zwar die gleichen Worte nutzen, diesen jedoch unterschiedliche Bedeutungen zuschreiben.
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Jetzt Newsletter abonnierenAgiles Arbeiten – Was ist das eigentlich?
Agiles Arbeiten ist ein dynamischer Ansatz, der Teams und Organisationen eine hohe Reaktionsfähigkeit ermöglicht und sich durch kontinuierliche Selbstreflexion und echtes Kundenfeedback weiterentwickelt. Agile Arbeit erleichtert es Teams, sich flexibel an wechselnde Rahmenbedingungen anzupassen, während sie gleichzeitig handlungsfähig bleiben. Im Fokus stehen das ehrliche Interesse, relevante Kundenbedürfnisse zu erfüllen, und eine radikale Transparenz aller Beteiligten in der gesamten Wertschöpfungskette.
Bei Me & Company machen wir agiles Arbeiten an vier Werten fest:
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Kundenzentrierung: Agile Organisationen fokussieren sich auf die Bedürfnisse ihrer Kunden und lernen aus deren Feedback.
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Anpassungsfähigkeit: Agile Organisationen leben flexible Strukturen und bleiben bei Veränderungen handlungsfähig.
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Wirkungsfähigkeit: Agile Organisationen entwickeln schnell Mehrwert für ihre Kunden und minimieren Verschwendung.
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Verbundenheit: Agile Organisationen fördern den direkten Austausch und ermutigen Menschen, ihre Stärken offen einzubringen.
Agiles Arbeiten verändert die Zusammenarbeit von Teams auf allen Hierarchieebenen und in allen Bereichen. Dabei geht es nicht nur um Methoden. Echte Agilität braucht vor allem eine andere Haltung, die Arbeit auf ernstgemeinter Augenhöhe ermöglicht. Dazu gehören auch die nötigen Freiräume, in denen Teams wieder Verantwortung für die eigene Arbeit übernehmen können und dürfen.
Es gibt viele Tools und Methoden für agiles Arbeiten, aber am Ende geht es immer um ein 'Mindset'.
Agile Arbeit ist primär geprägt durch kollaborative Arbeitsformen, die dazu dienen, wirtschaftlich erfolgreiche Leistungen oder Produkte mit möglichst hohem Kundennutzen zu entwickeln. Ob durch agiles Produktmanagement mit Scrum, Innovationsmanagement mit Design Thinking oder mit agilen Organisationsformen wie Holacracy: Immer geht es um agile Teams, die sich aus Experten verschiedener Disziplinen zusammensetzen, um gemeinsam die Probleme einer definierten Zielgruppe zu lösen. Sie übernehmen ganzheitliche Verantwortung für ihr Produkt oder ihre Dienstleistung, lernen von ihren Kunden und treffen alle nötigen Entscheidungen eigenständig.
Wann und wo entfaltet agiles Arbeiten seine größte Wirkung?
Ein häufiger Fehler von Organisationen ist es, agile Arbeitsweisen von agilen Pionieren zu kopieren und unreflektiert auf die eigene Zusammenarbeit zu übertragen. Dabei wird übersehen, dass jedes agile Framework bestimmte Wirkmechanismen hat, die ihre jeweiligen Stärken in unterschiedlichen Situationen entfalten. Es macht für die Herangehensweise einen Unterschied, ob Teams zum Beispiel ein bestehendes Produkt weiterentwickeln oder ein komplett Neues erfinden wollen.
Ein Werkzeug, das agilen Teams dabei hilft, das passende Framework für ihren Kontext zu wählen, ist die Stacey Matrix. Sie hilft dabei, das eigene Umfeld oder das eigene Vorhaben aus zwei Perspektiven zu beleuchten.
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Erstens: Wie klar ist uns das Problem, an dem wir arbeiten?
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Zweitens: Wie klar ist uns der Lösungsweg?
Dabei können unterschiedliche Bereiche der eigenen Organisation in unterschiedlichen Kontexten agieren. Agile Organisationen nutzen diese Matrix, um je nach Situation das passende Vorgehen zu identifizieren.
Dort, wo es sinnvoll ist, werden auch Modelle und Methoden aus dem klassischen Projekt- oder Lean Management eingesetzt. In der Praxis nehmen agile Pioniere keine Trennung zwischen den Disziplinen vor. Ändert sich im Laufe der Entwicklung der Kontext des Teams – zum Beispiel, weil eine neue Produktidee den Product-Market-Fit erreicht – wird ein Team auch sein Vorgehensmodell wechseln. In einer agilen Organisation mit höherem Reifegrad treffen Teams diese Entscheidung vollständig selbstorganisiert.
Branche, Größe, Standort – Für wen macht agiles Arbeiten Sinn?
Viele Ideen und Ansätze des agilen Arbeitens wurden in der digitalen Produktentwicklung erdacht und gefestigt. Seit einigen Jahren machen sich allerdings immer mehr Unternehmen auch in ganz anderen Branchen auf die Reise hin zu neuen Formen der Zusammenarbeit. Es gibt kaum noch Branchen oder Bereiche, in denen agile Methoden und Prinzipien nicht angewendet werden.
Einige Beispiele für Unternehmen in der agilen Transformation bzw. agile Organisationen aus Deutschland sind:
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Finanz- und Versicherungswesen: ING-DiBa AG (5.836 Mitarbeitende), N26 (1.200 Mitarbeitende), AXA (166.000 Mitarbeitende)
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Bildung: Blikist (70 Mitarbeitende)
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Handel: Soulbottles (25 Mitarbeitende), Mymuesli (720 Mitarbeitende, Zalando (15.500 Mitarbeitende), Takkt AG 2.500 Mitarbeitende)
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Industrie: Trumpf (13.400 Mitarbeitende), Bosch (410.000 Mitarbeitende), Remetal (12 Mitarbeitende)
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Energie: Yello Strom (100 Mitarbeitende)
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Automobil und Mobilität: moovel (250 Mitarbeitende), Daimler (298.000 Mitarbeitende)
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IT: PTV Group (800 Mitarbeitende)
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Tourismus: Trivago (1.100 Mitarbeitende)
Agile Arbeit findet jedoch nicht nur in Unternehmen statt. Auch öffentliche Einrichtungen, wie die Evangelische Schule Berlin Zentrum oder die Essener Wirtschaftsförderung verändern ihre Führung, ihre Struktur und die Formen der Zusammenarbeit. Weltweit gibt es unzählige Beispiele für agile Unternehmen.
Die agile Zwiebel: Modelle, Methoden, Missverständnisse
Wenn über agile Arbeit gesprochen wird, werden meist zuerst Modelle wie Scrum, Kanban oder Design Thinking genannt. Auf operativer Ebene gibt es eine ganze Reihe von agilen Frameworks, mit denen Teams ihr Vorgehen organisieren. Statt eine einzelne agile Methode vorzugeben, erhalten Teams mit diesen Vorgehensmodellen umfassende Werkzeugkoffer, Praktiken und Prinzipien – ergänzende Leitplanken für die verschiedenen Ebenen der Zusammenarbeit.
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Mit agilen Prinzipien und Werten erhalten die Teams praktische Orientierungspunkte, nach denen sie im Alltag agieren sollen.
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Die agilen Methoden der Frameworks bieten konkrete Werkzeuge, die dem Team zur Lösung ihrer Problemstellung verhelfen.
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Jedes Vorgehensmodell hat verschiedene agile Praktiken und Rituale, die im Alltag für eine bessere Zusammenarbeit sorgen.
Echte Agilität fordert und fördert das Auseinandersetzen mit dem eigenen Geschäftsmodell und der eigenen Wertschöpfung. Sobald beides verstanden wurde, lassen sich etwaige Arbeitsweisen gezielt anpassen.
Business Agility: Agile Reife auf allen Ebenen
Agilität bedeutet nicht, die Entwicklungsabteilung nach Scrum zu organisieren und dann zu hoffen. Wenn Organisationen sich entscheiden im größeren Rahmen agil zu arbeiten, ist das immer mit einer tiefgreifenden agilen Transformation verbunden. In der Praxis beobachten wir häufig den Versuch, diese Transformation hin zu agilen Arbeitsweisen mit Prinzipien und Praktien der klassischen Managementlehre oder etablierten Projektlogiken zu planen und zu steuern. Dies funktioniert jedoch nicht, da sich auf dem Weg zur agilen Organisation neben den Formen der Zusammenarbeit in einzelnen Teams auch die Arbeit an den Schnittstellen, die Art zu führen und die gesamte Organisationsstruktur wandeln:
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Teams übernehmen schrittweise Managementaufgaben bis hin zur vollständigen Selbstorganisation.
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Manager erhalten ein neues Verständnis für Ihre agile Führungsrolle.
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Neue übergreifende Strukturen werden für den eigenen Kontext entwickelt.
Es funktioniert also nicht, die Learnings aus erfolgreichen Experimenten in einzelnen Teams in die gesamte Organisation zu skalieren, sondern es benötigt zusätzlich umfassende Arbeit am Führungssystem und an den Strukturen der Organisation. Das Zusammenspiel aus diesen drei Faktoren können wir als Business Agility zusammenfassen. Mit Business Agility lassen sich die Herausforderungen zwischen agilen und nicht-agilen Teams sicht- und erklärbar machen und daraus Lösungsansätze ableiten.
Um sich der eigenen Business Agility bewusst zu werden, können Organisationen ihren agilen Reifegrad erheben, beispielsweise anhand des Agile Flywheels. Es hilft, den unterschiedlichen Stand der verschiedenen Teams und Bereiche im eigenen Unternehmen sichtbar zu machen und fördert den bewussten Dialog. So können sinnvolle Maßnahmen für die Steigerung der eigenen agilen Reife identifiziert werden.
Agile Trainings für Starter und Pros
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Zur Akademie für agile TrainingsKapitel 2: Gründe für agiles Arbeiten
Mitte des 19. Jahrhunderts brachten Dampfmaschinen, Elektrizität und neue Mobilitätsformen eine industrielle Revolution hervor. Die Mechanisierung der Fertigung und neue Transportmöglichkeiten ermöglichten den Zugang zum Massenmarkt und damit ein enormes Wachstum. Es war die Geburtsstunde des Taylorismus – auf dessen Fundament unsere heutige Arbeit und ein Großteil der Managementlehre beruht. Doch seitdem haben sich vier relevante Rahmenbedingungen verändert:
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Zwischen 1950-1970 wurden viele Universitäten gegründet und die Ausbildung in Betrieben standardisiert. Auf diese Weise ist das Bildungsniveau für Fachkräfte und die Anzahl an Akademikern deutlich gestiegen.
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Massenfertigung und wiederkehrende Aufgaben werden zunehmend vollautomatisiert. Infolgedessen wird der Anteil der Arbeit, der technisches Wissen voraussetzt, um bis zu 55 % steigen. Gleichzeitig wird es immer weniger händische oder motorische Fertigkeiten brauchen, während soziale und emotionale Kompetenzen an Bedeutung gewinnen (McKinsey, 2018). Durch die rasante Entwicklung im Bereich KI dürfte sich diese Entwicklung noch einmal intensivieren.
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Globale Märkte verbinden Unternehmen und Kunden auf der ganzen Welt. Angebote sind nicht länger lokal begrenzt und die Anzahl der Wettbewerber um einen Kunden steigt.
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In der jüngsten Vergangenheit haben Künstliche Intelligenzen unsere Arbeitswelt erobert und könnten eine vergleichbare Revolutionskraft wie die Einführung der Dampfmaschine entwickeln. Neue KI-Tools und -Anwendungen entstehen im Wochentakt, verändern Wertschöpfungsketten und eröffnen Chancen, deren Potenzial sich oft erst im schnellen Ausprobieren zeigt. Um in diesem Tempo mitzuhalten, brauchen Unternehmen flexible Strukturen, kurze Entscheidungswege und cross-funktionale Teams, die nah am Kunden arbeiten. Agile Arbeitsweisen mit kurzen Iterationen, kontinuierlichem Feedback und hoher Anpassungsfähigkeit werden damit von einer zukunftsweisenden Methode zu einer Überlebensstrategie.
Warum gewinnt agiles Arbeiten an Bedeutung?
Die moderne Arbeitswelt befindet sich in einem rasanten Wandel, angetrieben von Digitalisierung, Automatisierung und veränderten Kundenanforderungen. Routineaufgaben werden zunehmend durch künstliche Intelligenz und Automatisierung ersetzt, während kreative und strategische Tätigkeiten an Bedeutung gewinnen. Märkte sind globaler, dynamischer und komplexer geworden, was Unternehmen zwingt, flexibler und schneller zu reagieren. Gleichzeitig erwarten Kunden individualisierte Lösungen und permanente Verfügbarkeit. Auch Mitarbeitende, vor allem junger Generationen, wollen mehr Wirksamkeit und Sinn in ihrer Arbeit erleben.
Diese neuen Rahmenbedingungen bringen nicht nur Chancen, sondern auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Viele Managementtechniken fokussieren auf vorausschauende Planung und permanente Effizienzsteigerung. In einem Umfeld, das von Unsicherheiten und schnellen Veränderungen geprägt ist, stoßen sie damit an ihre Grenzen. Zum einen ist der wirklich realistische Planungshorizont meist sehr kurz, zum anderen ist das Ziel von Prozessoptimierung, möglichst wenige flexible Variablen zu haben.
Der Koala ist ein perfektes Beispiel dafür, wie maximale Spezialisierung und Effizienz die Handlungsoptionen einschränken können. Er schafft es, aus nur einer einzigen Nahrungsquelle alle lebensnotwendigen Nährstoffe zu ziehen. Und das, obwohl die Pflanze eigentlich giftig ist. Die Kehrseite: Wenn Eukalyptusbäume zum Beispiel durch Umweltveränderungen oder Abholzung bedroht werden, hat der Koala kaum Handlungsalternativen zur Nahrungssuche und verhungert.
Agile Arbeitsweisen helfen Unternehmen, trotz der komplexen Marktveränderungen der VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) wettbewerbsfähig zu bleiben, indem sie anpassungsfähige Strukturen schaffen, die Teams befähigen, schneller auf Veränderungen zu reagieren und Innovationen voranzutreiben.
Es gibt mehrere Studien und Belege, die die Relevanz von agilem Arbeiten und dessen positiven Einfluss unterstreichen:
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Verbesserte Unternehmensleistung: Studien zeigen, dass agile Transformationen in Unternehmen zu einer besseren Produktqualität, schnelleren Markteinführungen und einer erhöhten Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen führen. Diese Verbesserungen werden besonders deutlich, wenn agile Methoden nicht nur auf Teamebene, sondern auf allen Ebenen der Organisation umgesetzt werden. (Quelle: SpringerLink)
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Anpassung an dynamische Märkte: Eine empirische Untersuchung in 468 Unternehmen betont, dass agile Organisationen besser in der Lage sind, in einem komplexen und sich schnell ändernden Marktumfeld zu bestehen. Agilität führt zu mehr Flexibilität und einer besseren Fähigkeit, auf technologische Veränderungen und steigende Kundenanforderungen zu reagieren. (Quelle: MDPI)
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Skalierbarkeit und Wachstum: In einer Analyse von 42 Fallstudien zeigt sich, dass Unternehmen, die agiles Arbeiten erfolgreich skaliert haben, nicht nur von einer erhöhten Teamautonomie profitieren, sondern auch von besserem Management-Support und einer klaren Ausrichtung auf agile Prinzipien. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass Unternehmen schneller auf Marktveränderungen reagieren und nachhaltiges Wachstum fördern können. (Quelle: Terem)
Die 10 prägnantesten Vorteile agiler Arbeit
Diese Studien zeigen, dass sich mit Einführung von agilen Methoden, Prinzipien und Strukturen diverse Vorzüge für Unternehmen ergeben können. Nachfolgend haben wir aufgrund unserer eigenen Erfahrungen und verschiedenen weiteren Quellen 10 der wichtigsten positiven Auswirkungen agiler Arbeit zusammengefasst:
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Wirtschaftlich erfolgreicher: Studien zeigen, dass agile Organisationen ihre Leistungsfähigkeit zwischen 15 % (Agile Starter) und 60 % (Agile Pioniere) steigern können. Der Agile Performer Index stellt bei Unternehmen im Schnitt eine Performance-Steigerung von 44 % gegenüber dem nicht-agilen Wettbewerb fest.
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Time-to-Market reduzieren: Durch den hohen Autonomiegrad können interdisziplinäre Teams mit agilen Vorgehensmodellen selbstständig alle relevanten Entscheidungen treffen. Agile Organisationen reduzieren unnötige Bürokratie und verkürzen so die Zeit von der Idee bis zur Marktreife deutlich, was insbesondere in wettbewerbsintensiven Märkten ein entscheidender Vorteil ist.
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Aufwände reduzieren: Agile Arbeit reduziert unnötige Aufwände für Führung, Abstimmungen und Meetings. Durch permanente Reflexion schaffen sie mehr Raum und Zeit für operative Arbeit.
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Kundenbedürfnisse besser erfüllen: Agile Teams arbeiten eng mit Kunden zusammen, indem sie kontinuierlich Feedback einholen und dieses direkt in die Entwicklung integrieren. Dies führt zu Produkten und Dienstleistungen, die besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind und eine höhere Akzeptanz im Markt finden.
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Höhere Reaktionsfähigkeit: Agiles Arbeiten ermöglicht es Teams, in kurzen, iterativen Zyklen zu arbeiten. Dadurch lernen sie viel häufiger vom Kunden ebenso wie aus der eigenen Arbeit und können flexibel auf Veränderungen reagieren sowie den eigenen Arbeitsprozess im Sinne der Wertschöpfung anpassen.
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Mitarbeitermotivation ermöglichen: Mitarbeitende in agilen Teams fühlen sich stärker mit ihrer Arbeit verbunden, weil sie die ganzheitliche Verantwortung für ihren eigenen Beitrag übernehmen und relevante Entscheidungen selbst treffen können. Eine sinnstiftende und kundenzentrierte Vision ermöglicht es, zu außergewöhnlichen Leistungen und zum Gesamterfolg beizutragen.
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Bessere Talente gewinnen: Agile Unternehmen bestätigen immer wieder, dass ihre Arbeitsweisen wie ein Magnet auf herausragende Talente wirken. Auch Mitarbeiter agiler Teams identifizieren sich mit dieser Arbeitsform. In der Praxis äußern Mitglieder agiler Teams offen, sie würden das Unternehmen sofort verlassen, würden die Formen der Zusammenarbeit wieder traditionell organisiert werden würden.
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Fluktuation senken: Mitarbeiterbindung funktioniert in agilen Organisationen anders. Statt auf Gehälter und Karrierechancen achten die Mitarbeitenden agiler Organisationen eher auf das Führungsverhalten, persönliche Entwicklungschancen und das Betriebsklima. Bei konsequenter Umsetzung agiler Prinzipien senkt sich somit die Fluktuation ohne typische Bindungsmaßnahmen.
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Krankheitsraten senken: Viele agile Organisationen berichten von deutlich niedrigeren Krankheitsraten. Dies liegt häufig an den flexiblen Arbeitszeiten und dem höheren Maß an Eigenverantwortung, was zu einem reduzierten Stresslevel und einem besseren Wohlbefinden der Mitarbeitenden führt. Das Sozialministerium Belgiens hat nach eigenen Angaben sogar die niedrigste Krankheitsrate des ganzen Landes.
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Freude an der Arbeit steigern: Agile Arbeit nimmt den künstlich erzeugten Druck anderer Führungsstile von Teams. Auch Freiheiten in Bezug auf Arbeitszeiten und -orte, weniger Politik in der agilen Kultur sowie die für gewöhnlich angenehmere Arbeitsumgebung sorgen für einen deutlich höheren Spaßfaktor bei der Arbeit.
Was bedeutet agiles Arbeiten für uns bei Me & Company?
Wie schon erwähnt entsteht echte Agilität nicht durch das Ausrollen von Frameworks oder Organisationsmodellen. Wenn wir bei Me & Company über agiles Arbeiten reden, basieren unsere Gedanken im Kern auf vier agilen Werten, die wir aus dem agilen Manifest abgeleitet und aus der IT-Welt für andere Branchen adaptiert haben.
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Kundenzentrierung
Agile Organisationen orientieren sich an den tatsächlichen Bedürfnissen ihrer Kunden. Es sind jedoch nicht zwingend die Menschen, die am Ende bezahlen – bspw. kauft zwar der Fahrgast die Fahrkarte, doch der Personalchef sollte sich dennoch nicht auf den Endkunden, sondern seine Mitarbeitenden fokussieren. Agile Teams finden heraus, wer tatsächlich und direkt von der eigenen Leistung profitiert. Statt anschließend nur auf Annahmen oder vermeintliche Wünsche zu reagieren, werden diese Profiteure aktiv in den Entwicklungsprozess einbezogen.Das Prinzip „von Kunden lernen“ bedeutet, kontinuierlich Feedback zu sammeln und dieses Wissen in die Produktentwicklung einfließen zu lassen. Gleichzeitig geht es darum, „schnell Wert für Kunden zu erzeugen“, indem frühzeitig nutzbare Ergebnisse geliefert werden, die echten Mehrwert schaffen. Auf diese Weise werden Risiken minimiert und Produkte genau auf die Anforderungen der Kunden abgestimmt.
Um den Fokus wirklich auf evidenzbasierte Bedürfnisse legen zu können, werden agile Teams in die Kundenforschung mit einbezogen. Hierzu gibt es viele unterschiedliche Ansätze, die je nach Organisation, Markt und Kontext ihre individuelle Wirkung entfalten.
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Anpassungsfähigkeit
In einer agilen Organisation ist die Fähigkeit zur Anpassung an Veränderungen entscheidend. Flexible Strukturen sorgen dafür, dass Teams jederzeit handlungsfähig bleiben, selbst wenn sich Rahmenbedingungen plötzlich ändern. Dies zeigt sich im Prinzip des „Entscheidungen an Kompetenz knüpfen“ – Entscheidungen werden dort getroffen, wo das nötige Wissen und die größte Handlungskompetenz liegen.Das zweite Prinzip „in iterativen Zyklen vorgehen“ betont die Bedeutung schrittweiser Anpassungen, bei denen regelmäßig überprüft wird, ob der eingeschlagene Kurs noch sinnvoll ist oder angepasst werden muss.
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Wirkungsfähigkeit
Die agile Arbeitsweise zielt darauf ab, den bestmöglichen Nutzen zu erzeugen und gleichzeitig Ressourcen effizient zu verwenden. Dies bedeutet, dass Ziele und eingesetzte Ressourcen in der gesamten Organisation transparent und gemeinsam abgestimmt werden. So können alle Teams ihren individuellen und realistischen Beitrag basierend auf den zur Verfügung stehenden Mitteln zu den verschiedenen Zielen einbringen.Das Prinzip „Sinn und Wert stiften“ unterstreicht dabei, dass jede Aktivität auf einen tatsächlichen Mehrwert für den Kunden ausgerichtet sein muss. „An Wertschöpfung orientieren“ bedeutet, alle Prozesse so zu optimieren, dass unnötige Aufgaben vermieden und alle Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden, um die Produktivität zu maximieren.
Wenn wir mit Teams an der eigenen Wertschöpfung arbeiten, nutzen wir die AcCo-Matrix. Diese hilft uns, die Tätigkeiten im Team in Verbindung mit der Relevanz für die jeweilige Wertschöpfung zu reflektieren.
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Verbundenheit
Agile Teams arbeiten in einem Netzwerk, das auf gegenseitigem Vertrauen und offenem Austausch basiert. Der Fokus liegt dabei auf offenen Dialogen und regelmäßiger Reflexion sowohl der Ergebnisse als auch der Zusammenarbeit mit allen relevanten Stakeholdern.Das Prinzip „cross-funktionale Netzwerke bilden“ verdeutlicht die Notwendigkeit, Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenzubringen, um innovative Lösungen zu entwickeln.
„Unterstützend führen“ beschreibt die Rolle von Führungskräften, die nicht von oben herab agieren, sondern als Servant Leaders die Teams dabei unterstützen, ihre Stärken einzubringen und eigenverantwortlich zu handeln.
Darüber hinaus haben wir in diversen Kundenprojekten Muster erkannt. Diese Muster haben wir als Prinzipien zusammengefasst, von denen sich jeweils zwei einem agilen Wert zuordnen lassen:
Diese Werte dienen uns als Startpunkt, wenn wir mit unseren Kunden in den Dialog über agiles Arbeiten treten. Egal ob einzelne Workshops, fokussierte Weiterbildungen oder umfassende Transformationen, Agilität darf niemals Selbstzweck sein. Es geht immer darum herauszufinden, in welchem dieser vier Werte wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln wollen.
Häufige Missverständnisse über Agilität
„Wir machen einmal die Woche Home-Office, wir sind agil …” oder „Wir machen das noch schnell nebenbei, wir sind ja agil” – solche Aussagen zeigen, dass es zahlreiche Vorurteile und Missverständnisse rund um agiles Arbeiten gibt. Hier ein Überblick über die häufigsten Missverständnisse zu Agilität:
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Agilität hat keine Hierarchie: Ein häufiges Missverständnis ist die Annahme, dass agiles Arbeiten keine Hierarchien bedeutet. Tatsächlich gibt es auch in agilen Organisationen eine klare Rollenverteilung und Entscheidungsstrukturen – allerdings nicht im klassischen Top-down-Sinne, sondern rollen- und kompetenzbasiert. Das bedeutet, dass das Entscheidungsmandat dort liegt, wo die Handlungskompetenz am größten ist. Ein Grundsatz dabei ist, das Verantwortlichkeiten klar und transparent geregelt werden. Verantwortung für Prozess und Inhalt werden getrennt und sowohl Rechte als auch Pflichten werden verbindlich festgelegt.
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Agilität bedeutet, schneller zu arbeiten: Dies ist wahrscheinlich der Klassiker unter den agilen Missverständnissen. Schneller zu werden, ist nicht das Ziel von Agilität – kann aber oft das Ergebnis sein. Bei Agilität geht es darum, teamübergreifend die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun. Der Kanban-Experte Klaus Leopold erklärt das an folgendem Beispiel: Wenn das Unternehmen eine Computertastatur ist, dann bedient jedes Team eine Reihe mit Tasten. Um einen sinnvollen Brief zu schreiben (also die Aufgaben des Unternehmens zu erfüllen), ist es egal, wie schnell die einzelnen Tasten (also die Teams) arbeiten – es müssen die Tasten in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden. Der Fokus liegt also auf der Wertschöpfungskette und der Gestaltung der teamübergreifenden Prozesse. Es muss sichergestellt werden, dass das richtige Team zur richtigen Zeit die richtige Taste drückt. Agilität bedeutet nicht schneller, sondern fokussierter zu arbeiten. Durch diese Fokussierung sorgen wir allerdings dafür, dass weniger parallel gearbeitet wird. So werden einzelne Themen meistens schneller fertig, obwohl wir nicht schneller arbeiten.
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Agilität hilft uns, mehr zu leisten: In vielen Unternehmen wird Multitasking praktiziert. Die gängige Denkweise: Wenn Teams und Mitarbeitende mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen, sind sie produktiver. Doch Multitasking führt genau zum Gegenteil: Es wird weniger erreicht. Das belegen zahlreiche Studien. Bei Agilität geht es nicht um Output, sondern um Outcome. Agile Teams wollen nicht die Menge der geleisteten Arbeit erhöhen. Sie wollen den Mehrwert ihrer Arbeit steigern. Deswegen arbeiten sie an weniger Dingen gleichzeitig und konzentrieren sich auf die Aufgaben, die den größten Wert für den Kunden erzeugen. Es kommt also nicht darauf an, möglichst viel zu machen (Output), sondern das richtige Ergebnis für die Kunden (Outcome) zu erreichen. In diesem Sinne versuchen agile Teams fortlaufend, Verschwendung zu reduzieren und mit möglichst wenig Aufwand die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Agilität hilft uns, mehr Wert zu schaffen.
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Agile Methoden machen uns agil: Agilität wird oft fälschlicherweise mit Scrum oder einzelnen agilen Methoden gleichgesetzt. Dabei umfassen die neuen Formen der Zusammenarbeit ein viel ganzheitlicheres Themenfeld. Eine konkrete Definition von Agilität ist meist schwierig, da sich nicht an einzelnen greifbaren Methoden oder einer Checkliste festmachen lässt, ob ein Unternehmen agil ist. In der Regel sind es weiche Merkmale – etwa die gelebte Kultur und die Haltung der Mitarbeitenden –, die den agilen Reifegrad einer Organisation widerspiegeln.
Agilität ist keine Methode. Sie umfasst verschiedene Ebenen unserer Zusammenarbeit und beginnt mit der richtigen Einstellung. Agile Einstellungen und Werte machen uns agil.
Kapitel 3: So funktioniert agile Arbeit in der Praxis
Für einen Überblick über verschiedene Aspekte agiler Arbeit ist die New Work Metro Map entwickelt worden. Sie steht zum kostenlosen Download bereit:
Die Map zeigt, wie vielfältig agiles Arbeiten ist, wenn man sich von reinen Methoden löst. Agilität kann also auch gut im Kleinen starten und sich nach und nach ausbreiten. Hierfür gibt es allerdings weder Rezepte noch einen 10-Stufen-Plan. Agilität lässt sich viel besser in der Praxis erleben. Hierzu kann man Lernreisen organisieren und viele der New Work Pioniere besuchen. Auch Podcasts wie „On the way to New Work“ sind eine gute Option, tiefere Einblicke in agile Organisationen zu erhalten. Im Artikel „5 Unternehmen über agile Arbeit im ‚On the way to New Work‘-Podcast“ haben wir zu ausgewählten Episoden weitere Details zu den Hintergründen, Prinzipien und Praktiken der Arbeitswelt zusammengestellt.
In diesem Kapitel erhalten Sie einen umfassenden Überblick zu verschiedenen Prinzipien, Vorgehensmodellen, Methoden und Praktiken.
Kapitel 3.1: Prinzipien agiler Arbeitsweisen
Nachdem wir über Werte und Haltung gesprochen haben, sind die Prinzipien agiler Arbeit der nächste Schritt. Auch hier wird noch einmal deutlich, wieso nicht als erstes die Methode gewählt und eingeführt werden sollte, wenn Teams tatsächlich zielführend zusammenarbeiten wollen.
Jedes agile Vorgehensmodell hat eigene Prinzipien, durch die es wirkt und die dafür sorgen, dass es in unterschiedlichen Kontexten hilfreich ist. Das kann man sich so ähnlich wie bei Autos vorstellen. Nehmen wir an, unterschiedliche Automodelle stehen für unterschiedliche Vorgehensmodelle. Ein Bus entfaltet seine Wirkung durch andere Prinzipien als ein Rennwagen. Wenn man verstanden hat, welche Wirkung man mit einem Bus oder einem Rennwagen erzielen kann, kann man sich für das passende Vehikel entscheiden. Niemand käme auf die Idee, mit einem Linienbus an einem Formel 1 rennen teilzunehmen. Oder mit einem Formel 1-Boliden mit einer Schulklasse in den Urlaub zu fahren.
Natürlich gibt es oftmals Überschneidungen, da die agilen Vorgehensmodelle alle mit einer ähnlichen Haltung entstanden sind. Und so lassen sich die Prinzipien gut miteinander ergänzen oder je nach Kontext priorisieren.
Prinzipien im Scrum: Das Agile Manifest
Die wohl bekannteste Aufstellung agiler Prinzipien ist das Agile Manifest. Es wurde für die agile Softwareentwicklung formuliert und bildet eine wichtige Grundlage für Scrum und andere agile Frameworks. Seine 4 Leitsätze und 12 Prinzipien bieten Teams eine klare Orientierung für Entscheidungen im Alltag. Da Scrum in der Softwareentwicklung entstanden ist, bezieht sich auch das Agile Manifest auf diesen Kontext. Die Leitsätze und Prinzipien definieren den Fokus der agilen Arbeit:
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Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
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Funktionierende Software ist wichtiger als eine umfassende Dokumentation.
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Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.
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Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.
Indem Teams die Leitsätze des Manifests befolgen, konzentrieren sie sich konsequent auf den zu erbringenden Kundenmehrwert. Erst wenn dieser sichergestellt ist, werden die zentralen Prinzipien des klassischen Projektmanagements berücksichtigt. Wenn sich agile Teams am Manifest orientieren, agieren sie nachhaltig kundenzentriert: Der Kunde ist wichtiger als die Arbeitsform.
Auch die Prinzipien des agilen Manifests sind ganz klar auf den Kundennutzen ausgerichtet. In 12 Punkten werden die wichtigsten Aspekte der Zusammenarbeit eines Scrum-Teams definiert:
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Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen.
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Heiße Anforderungsänderungen auch spät in der Entwicklung willkommen. Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
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Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne.
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Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
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Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen, und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen.
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Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht
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Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.
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Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.
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Ständiges Augenmerk auf technische Exzellenz und gutes Design fördert Agilität.
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Einfachheit — die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren — ist essenziell.
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Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.
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In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver werden kann, und passt sein Verhalten entsprechend an.
Prinzipien im Design Thinking
Ein ganz anderes Modell ist Design Thinking. Als Framework für kundenzentrierte Innovation ist es in den letzten Jahren in vielen Unternehmen angekommen. Oftmals wird Design Thinking als Methode bezeichnet und viele der zweitägigen Trainings vermitteln den Eindruck, es handle sich um eine lineare Abfolge festgelegter Methoden. Doch auch hinter diesem agilen Vorgehensmodell stehen in erster Linie sieben Prinzipien. Sie liefern den Rahmen, nach denen sich Teams bei ihrer Arbeit organisieren und ihre Methoden auswählen sollten.
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Menschzentriert: Erforsche Menschen wie auch ihre Bedürfnisse und senke so die Risiken zu scheitern.
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Kollaborativ: Forme ein heterogenes Team und bringe unterschiedliche Perspektiven zusammen.
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Iterativ: Scheue Dich nicht, einen Schritt zurückzugehen, wenn Du neue Erkenntnisse gewinnst.
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Holistisch: Betrachte ein Problem ganzheitlich und schaffe Mehrwert, indem Du es löst.
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Optimistisch: Glaube daran, dass es funktionieren kann, und es wird funktionieren.
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Experimentell: Sei offen für verrückte Ideen und hab den Mut, aus Fehlern zu lernen.
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Erlebnisorientiert: Gestalte Momente, an die sich Menschen erinnern und über die sie gerne sprechen.
Erst diese Prinzipien machen die Arbeit mit Methoden aus dem Design Thinking-Werkzeugkoffer zielgerichtet. Sie liefern das Fundament, nach denen ein Team entscheidet, ob es Buyer Personas oder eine Empathy Map erstellt, ob es Tiefen-Interviews als Basis nimmt oder doch lieber eine Service Safari macht.
8 Prinzipien agiler Unternehmen
Wir bei Me & Company haben bei der Entwicklung unserer Organisation über 100 agile Unternehmen kennengelernt und analysiert. Dabei ist deutlich geworden, dass keines der Unternehmen das gleiche Set an agilen Methoden einsetzt, es oftmals sogar Individualisierungen von Standards gibt. Was diese Unternehmen jedoch gemeinsam haben, sind acht Prinzipien, die sie in unterschiedlichen Ausprägungen leben.
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Sinn und Wert zu stiften, ist wichtiger, als sich auf den Profit zu konzentrieren.
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Schnell Wert für den Kunden zu erzeugen, ist wichtiger, als eine perfekte Planung anzustreben.
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Netzwerke aus cross-funktionalen Teams sind wichtiger als feste, hierarchische Strukturen.
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Freiheit, Vertrauen und Spaß sind wichtiger als Druck und Kontrolle.
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Flexible Rollen, die sich nach Fertigkeiten und Talenten richten, sind wichtiger als Titel und Tätigkeitsbeschreibungen.
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Radikale Transparenz ist wichtiger als Wissenshoheit und Geheimhaltung.
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Unterstützende Führung ist wichtiger als direktive Führung.
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Vom Kunden lernen und Entscheidungen herbeizuführen, ist wichtiger als eine Entscheidung des „HiPPO“.
Aus diesen Erfahrungen haben wir unser eigenes agiles Organisationssystems entwickelt, die MeCracy. Sie beschreibt, wie wir zusammenarbeiten.
Fazit: Jedes Unternehmen hat seine eigenen Workhacks, agilen Methoden und Praktiken. Auch die Strukturen und die gelebte Kultur unterscheiden sich oftmals. Deshalb ist es wichtig, die Prinzipien hinter den Methoden zu verstehen, bevor man sich für ein konkretes Vorgehensmodell entscheidet.
Nur so lässt sich gewährleisten, dass die Arbeit im Team nicht nur methodisch korrekt, sondern vor allem zielführend und kontextgerecht ist. Wenn wir diese Prinzipien verinnerlichen, können wir flexibel auf Herausforderungen reagieren und sicherstellen, dass unsere Zusammenarbeit auch in komplexen oder dynamischen Umgebungen effektiv bleibt.
Kapitel 3.2: Agile Praktiken und Artefakte
Neben den Methoden sind Praktiken und Artefakte entscheidende Komponenten für die erfolgreiche Arbeit in agilen Vorgehensmodellen.
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Agile Praktiken fließen als Rituale in die tägliche Arbeit ein. Oftmals stammen sie aus einem spezifischen Vorgehensmodell, können jedoch auch losgelöst genutzt werden.
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Agile Artefakte sind meist visuelle Hilfsmittel, die in Form von Boards, Checklisten oder Grafiken im Alltag unterstützen. Oftmals werden Artefakte mit Methoden verwechselt, da Letztere mit ihrem Artefakt als Synonym behandelt werden. Ein Beispiel hierfür ist der Business Model Canvas (Artefakt) und die Business Model Generation (Methode) von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur. Auch in diesem Leitfaden werden die beiden Elemente zur Vereinfachung als Synonym verwendet.
Daily Standups
Eine typische Praktik sind Daily Standups bzw. Huddles – ein tägliches Treffen, in dem alle Teammitglieder ihre Arbeit transparent machen. Dabei stehen alle Mitglieder eines agilen Teams zu einem definierten Zeitpunkt für maximal 15 Minuten zusammen und sprechen aktuelle Themen, insbesondere Blockaden in der eigenen Arbeit an. Wird ein Thema zu groß oder irrelevant für die gesamte Gruppe, sprechen sich die beteiligten direkt im Anschluss an das Treffen ab.
Story Points und Velocity
Auch agile Teams messen ihre Arbeit, um die eigene Effizienz und Effektivität selbstorganisiert zu steigern oder den aktuellen Arbeitsstatus zu erheben. Hierzu werden die Aufwände offener Aufgaben in einem Planungstreffen, dem sogenannten Planning, durch das Team in Story Points übersetzt. Je höher die geschätzte Komplexität, Unsicherheit oder der Arbeitsaufwand einer Aufgabe ist, desto mehr Story Points erhält sie. Mit Hilfe dieser Story Points wird zudem die eigene Arbeitsgeschwindigkeit, die Velocity, gemessen. Da agile Teams ihre Aufgaben nicht durch einen Manager erhalten, sondern eigenverantwortlich eine Zusage treffen, was sie innerhalb eines immer gleichbleibenden Zeitraums, den Sprints, schaffen, kann mit der Menge der bearbeiteten Story Points die Velocity gemessen und schrittweise durch das Team erhöht werden.
Retrospektiven
Retrospektiven sind vermutlich das hilfreichste und wichtigste Format in agilen Arbeitsweisen. Es sind ritualisierte Refelxionsformate, die sehr fokussiert die Zusammenarbeit im Team beleuchten. Ziel ist es, Probleme der Gruppe frühzeitig sichtbar zu machen, sodass Konflikte nicht eskalieren und Herausforderungen erkennbar sind, um diese frühstmöglich bearbeiten zu können. Dadurch verbessern die Teams ihre eigene Zusammenarbeit kontinuierlich in kleinen Schritten.
In manchen agilen Organisationen finden zusätzlich unternehmensweite Retrospektiven statt, die sich der teamübergreifenden Zusammenarbeit und den vom Unternehmen gestellten Rahmenbedingungen widmen.
Retrospektiven lassen sich mit unzähligen Methoden durchführen. Die wunderbare Corinna Baldauf (Agile Coach bei sipgate) hat für die Zusammenstellung von Formaten ein kleines Tool entwickelt.
Workshops statt Meetings
Agile Teams arbeiten nach dem Prinzip der Kollaboration. Damit Arbeitsergebnisse eine höhere Qualität haben, weniger Fehler beseitigt werden müssen und alle Anforderungen korrekt berücksichtigt sind, haben agile Teams verschiedene Praktiken in ihren Alltag aufgenommen. Dabei werden die jeweiligen Meetings sehr bewusst nach ihrem Ziel unterschieden.
Um die Grundlagen für ein arbeitsfähiges Team zu legen, gibt es regelmäßige koordinative Treffen. So werden zum Beispiel im Planning am Anfang einer Iteration alle notwendigen Klärungen und Absprachen getroffen, damit das Team danach handlungs- & arbeitsfähig ist.
Für eine konzentrierte Zusammenarbeit praktizieren sie Workshops. In diesen wird mit möglichst allen relevanten Interessenvertretern gemeinschaftlich und auf Augenhöhe an einem Thema gearbeitet. Workshops sind immer strukturiert geplant und basieren auf agilen Methoden. Sie werden moderiert und haben verwertbare Arbeitsergebnisse als Ziel. Das Planen und Verteilen Aufgaben kommt vor, ist aber nicht das Ziel eines Workshops.
Um herauszufinden, wann welches Meetingformat am meisten Sinn macht und wann es auch eine Email hätte sein können, betrachten wir in der Arbeit mit Teams unterschiedliche Dimensionen der Zusammenarbeit. Dadurch können wir die Anzahl der Meetings reduzieren und in den sinnvollen Formaten den Fokus auf das Wesentliche schärfen.
Peer Recruiting
Dass agile Arbeit über reine Aufgaben der täglichen Arbeit hinausgeht, zeigt die Praktik des Peer Recruitings. Hierbei werden neue Teammitglieder nicht mehr vom Management oder der HR- bzw. Personalabteilung bewertet und eingestellt, sondern von den künftigen Kolleg*innen. Auf Basis von gemeinsam definierten Rahmenbedingungen treffen agile Teams die Entscheidung zur Einstellung eigenständig und sorgen so für eine praxisnahe Bewertung der Kandidat*innen und einen höheren Kultur-Fit.
Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass eine bevollmächtigte Person den Arbeitsvertrag unterschreibt. Agilität kann sich nicht über juristische Rechte und Pflichten hinwegsetzen. Allerdings zeigt dieses Beispiel sehr schön, dass man inhaltliche und juristische Entscheidung voneinander trennen kann.
Weitere Praktiken agiler Arbeit
Pairing, Exploration Days, Learning Journeys, Hackathons, Barcamps, Demos, Fuckup Nights, Post-Mortem-Meetings – in agilen Organisationen gibt es viele Praktiken, die das Ziel haben, Wissen zu teilen und aus Fehlern zu lernen. Mehr zu den Vorreitern agiler Arbeit und ihren Praktiken erfahren Sie auch in unserem regelmäßig stattfindenden Trainings.
Design Thinking für mehr Innovationskraft
Entwickeln Sie mit Design Thinking erfolgreiche Produktinnovationen mit minimalem Ressourcenaufwand. Die Experten unserer Innovationsberatung helfen Ihnen, die Probleme Ihrer Zielgruppe zu verstehen und mit passenden Innovationen zu bedienen.
Jetzt beraten lassenKapitel 3.3: Agile Methoden im Überblick
Viele agile Methoden haben ihre Wurzeln in verschiedenen Disziplinen und wurden nicht spezifisch für agile Vorgehensmodelle entwickelt. Häufig wurden bekannte Problemlösungen aus anderen Kontexten auf aktuelle Herausforderungen adaptiert. Bereiche wie Markt- und Sozialforschung, Service- und UX-Design, Architektur, Prozessoptimierung und die Softwareentwicklung haben alle zur Vielfalt agiler Werkzeuge und Methoden beigetragen. Darüber hinaus wird das Repertoire durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Ergänzung durch Expert*innen ständig erweitert.
So entstand eine große Bandbreite an Methoden, die den agilen Prinzipien folgen und agile Arbeit gezielt unterstützen. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl dieser Methoden, gegliedert nach ihrer jeweiligen Zielsetzung. Diese Liste ist nicht abschließend:
Team-Fokus definieren und Arbeit organisieren
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Vision: Elevator Pitch, Golden Circle
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Strategischer Fortschritt: Lean Strategy Board, Product Vision Board, Product Strategy Canvas
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Taktischer Fortschritt: Product Roadmaps, Objectives & Key Results
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Tägliche Aufgaben: Kanban-Board + Karten, Weekly Boards, 3 Action Steps
Verantwortlichkeiten klären
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Delegation Poker, RACI, Alignment & Autonomy
Neues Wissen und Anforderungen erheben
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Befragen: Tiefen-, Experten-, Kontext-Interviews, Umfragen, Tagebuch-Studien, Sampling
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Beobachten: Mystery Shopping, Service Safari, A day in the life, Shadowing
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Datenanalyse: Ticket-Analysen, KPI Analysen, Website Tracking
Wissen und Anforderungen strukturieren
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Kundenperspektive: Personas, Empathy Maps, Jobs-to-be-done, Mental Modelling
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Prozesse: Customer / User Journeys, Service Blueprints
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Anforderungen: Card Sorting, User Story Mapping, Job Stories
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Systeme: Stakeholder Maps, Territory Maps, Ecosystem Maps
Neue Ideen entwickeln
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Inspirationstechniken: How Might we, What if, 5 whys
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Kreativtechniken: Design Studio, 6-3-5 Methode, Walt Disney Methode, TRIZ, Brainwriting
Prototypen entwickeln
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Produktprototypen: Paper Prototypes, Klickdummies, Concierge MVP
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Strategieprototypen: Strategy Blueprint
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Business Model-Prototypen: Lean Canvas, Business Model Canvas
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Prozessprototypen: Storyboards, Service Blueprint, Service Origami
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POS-Prototypen: Popup Stores, Popup Trucks, In-Store Labs
Entscheiden und priorisieren
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Handzeichen für Konsens oder Konsent, systemisches Konsensieren, Ritual Dissent, Dot Voting, Forced Ranking, Service Value Mapping, Evaluation Canvas
Fortschritt messen
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Burndown Chart, Velocity Charts, Control Chart, Cumulative Flow Diagram
Lösungsansätze testen
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A/B-Tests, Fake Door Tests, Wizard of Oz Tests
Kommunikation verbessern
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Was gesagt wird: Golden Circle, Value Proposition Canvas
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Wie es gesagt wird: Non-violent Communication, Radical Candor, Active Listening
Zusammenarbeit verbessern:
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Projekte starten: Teamgeist Projekt Check-in, IDOAART
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Zusammenarbeit reflektieren: Keep-Start-Stop Retrospektiven, Meilenstein Retrospektiven, Retrographen, Reflecting Teams
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Feedback einholen: Happiness Door, 5-minute Wrap-up, 1-2-4-all
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Meetings effektiver gestalten: Lean Coffee, World Cafe
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Mitarbeitergespräche führen: Peer Feedback, Coffee-Break Sessions, Moving Motivators
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Experimentieren und lernen: Celebration Grid, Pairing, Working Out Loud
Aufwände und Budgets planen
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Für Aufgaben: Planning-Poker
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Für Projekte: Agiler Festpreis
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Für die Organisation: Beyond Budgeting
Neue Mitarbeiter einstellen
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Whiteboard Challenges, Brainteaser
Wertschätzung geben
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Wall of Fame, Kudo Cards, Lobdusche
Doing agile vs. being agile
Die Arbeit mit agilen Methoden ist keine pauschale Garantie für Erfolg. Die Erfahrung zeigt, dass die Haltung der Teammitglieder und der Führungskräfte wichtiger ist als die bloße Anwendung von Methoden. Im Umfeld von Agile Coaches gibt es ein häufig genutztes Zitat, das diesen Umstand gut beschreibt:
A fool with a tool is still a fool.
Insbesondere im Kontext zu agilen Methoden gibt es die Gefahr des Cargo-Kults.
Als Cargo-Kult werden Verhaltensweisen oder Rituale bezeichnet, bei denen Menschen bestimmte äußere Formen oder Handlungen nachahmen, in der Hoffnung, dadurch denselben Erfolg oder Nutzen zu erzielen wie das ursprüngliche Vorbild – ohne jedoch die dahinterliegenden Prinzipien zu verstehen.
Methoden und Vorgänge werden zwar formell richtig ausgeführt, jedoch fehlenden der passende Kontext, die zugehörigen Prinzipien und/oder die notwendige Haltung. Die Ergebnisse eines solchen Vorgehens bleiben meist weit hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück.
Im Umgang mit agilen Methoden ist es wichtig, eine gute Balance zwischen Flexibilität und Struktur zu finden. Es erfordert ein geschultes Team, das den Sinn und Zweck der Methode versteht und in der Lage ist, die Prinzipien agil und dennoch zielorientiert umzusetzen. Nur so lassen sich die Vorteile der Agilität voll ausschöpfen, während potenzielle Nachteile minimiert werden.
Kapitel 3.4: Agile Vorgehensmodelle nach Arbeitsbereich
Vorgehensmodelle (auch Frameworks) helfen bei der Strukturierung der Arbeit auf operativer Ebene. Sie liefern Teams die nötigen Methoden, Prinzipien und Praktiken, um auf ein Ziel hinzuarbeiten. Vor allem liefern sie jedoch einen Prozess. Dieser ist im Kontext zu agilen Arbeitsformen immer entweder iterativ, also sich wiederholend, oder nicht-linear, also auf den Bedarf des Fortschritts anpassbar.
Agile Vorgehensmodelle nach Arbeitsbereich
Von Führungskräften und Fachexperten wird oftmals die Frage gestellt: „Welche agilen Vorgehensmodelle sind für unsere Abteilung oder unseren Bereich sinnvoll?“ Hierzu helfen zwei Schritte.
Zunächst wird der eigene Arbeitskontext mit Hilfe der Stacey-Matrix nach zwei Faktoren eingeordnet:
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Anforderungen / Problemdefinition: Hat das Team vollständige Klarheit über die zu lösenden Probleme? Sind die weiteren Anforderungen an eine Lösung bekannt und lösbar?
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Methodik oder Technik / Lösungsprozess: Hat das Team einen sicheren Lösungsweg für die durchzuführenden Aufgaben? Ist das zur Lösung der Aufgabe notwendige Wissen vorhanden?
Auf Basis dieser zwei Kriterien werden Aufgabenstellungen als einfach, kompliziert, komplex und chaotisch eingeordnet. Innovation Manager Geert Claes hat 2017 mit dem Innovation Spectrum eine grobe Einordnung der Modelle im Kontext zur Entwicklung neuer Produkte gegeben. Auf Grundlage seiner hervorragenden Arbeit entstand der Me & Company Framework Navigator. Diesen nutzen wir im zweiten Schritt, um abzugleichen, welches Vorgehensmodell zu unserem Kontext passen könnte.
Von chaotisch zu komplex: Agile Arbeit im Innovationsmanagement
Agile Arbeit beginnt im Kontext von Aufgaben, bei denen sowohl die Anforderungen als auch die Lösungsmöglichkeiten vollständig unklar sind: im Innovationsmanagement. Für diese Arbeitsbereiche stehen agile Frameworks und Methoden zur Auswahl, die den Fokus auf den schnellen Aufbau von Wissen und die Entwicklung von kleinen Prototypen legen.
Fail early, fail often, but always fail forward.
Sie liefern die richtigen Ansätze, wenn nur eine Personengruppe – in der Regel als „Kunde“ bezeichnet – und ein grober Problemrahmen definiert sind. Ziel aller agilen Innovationsmodelle ist es, das hohe Risiko des Scheiterns zu minimieren. Hierzu wird einerseits die Kundenperspektive bestmöglich in den Prozess integriert, andererseits dafür gesorgt, dass in kürzester Zeit ein nachvollziehbares, durch Kunden und weitere Interessensgruppen beurteilbares Arbeitsergebnis entsteht.
Ein praktisches Beispiel, wie agile Arbeit im Innovationsmanagement aussehen kann, zeigt das Innovation Lab der US-Kaufhauskette Nordstrom. Sie arbeiteten bereits 2011 in einwöchigen Experimenten nach dem Lean-Startup-Modell:
Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Unternehmen, die mit agilen Innovationsmodellen erfolgreich arbeiten. Doch welche Vorgehensmodelle gibt es und in welchem Kontext eignen sie sich?
Design Thinking
Das an der d.school der Stanford University entwickelte Modell wird meist in der Produktentwicklung genutzt, lässt sich jedoch in allen Bereichen zur Lösung von Problemen anwenden. Design Thinking funktioniert als Denkmodell mit sechs Phasen, die je nach Situation zu einem Prozess zusammengestellt werden. Eine zeitliche Vorgabe gibt es nicht – von Tages-Workshops bis zu Entwicklungsprozessen über Monate ist je nach Bedarf alles möglich. Der Prozess endet mit einer prototypischen Lösung, die von der Kundengruppe akzeptiert wird, dem sogenannten Problem-Solution-Fit.
Enterprise Design Thinking
Mehrere Unternehmen haben begonnen, das sehr offene Design-Thinking-Modell für den eigenen Kontext zu Individualisieren und mit Hilfe von einheitlichen Standards einen leichteren Zugang zu schaffen. Neben IDEO, deren Gründer bereits an der Entwicklung des Ur-Design-Thinkings in den 1990ern beteiligt waren, haben auch SAP, Intuit und der britische Governmental Digital Service Varianten entwickelt.
Seit 2015 hat auch IBM ein eigenes Vorgehensmodell abgeleitet, um – nach eigenen Aussagen – den Anforderungen eines Konzerns an Design Thinking besser gerecht zu werden. Hierzu hat das Unternehmen einen eigenen Prozess, den Loop, sowie eigene Prinzipien und Praktiken entwickelt. Damit hat IBM den deutlich offeneren Ansatz der d.school geschärft und gezielt Elemente für die Arbeit im Konzernkontext ausgewählt. Auf diese Weise hat Big Blue Standards geschaffen, die eine Ausbildungsreihe mit Zertifizierungen und eine Kommerzialisierung dessen möglich machen.
Design Sprints
Jake Knapp und zwei seiner Google-Ventures-Kollegen haben 2016 einen sehr komprimierten Ansatz zur kundenzentrierten Entwicklung von Produkten publik gemacht. Die Design Sprints nutzen ausgewählte Methoden aus dem UX Design, der Strategieentwicklung und dem Design Thinking Framework, um innerhalb von nur fünf Tagen von einer grundlegenden Idee zu einem getesteten Prototypen zu gelangen. Mit Design Sprints wird das erstmalig in Scrum angewendete Sprint-Konzept – ein kurzer, klar definierter Entwicklungszyklus mit einem evaluierungsfähigen Arbeitsergebnis – als Innovationsprozess genutzt. Seitdem hat sich der Ansatz im Google Ventures-Mutterhaus weiterentwickelt, um auch abseits des Startup-Kontexts im gesamten Google-Konzern angewendet werden zu können.
Innovation Huddle
Wir bei Me & Company haben aus unserer Erfahrung aus verschiedenen Design-Thinking- und Design-Sprint-Projekten einen eigenen, leichtgewichtigen Ansatz entwickelt. Hierbei liegt der Fokus nicht auf der kompletten Neuentwicklung von Produkten, sondern auf der innovativen und fokussierten Lösung relevanter Probleme von Kunden oder der Zusammenarbeit.
Das Innovation Huddle besteht aus vier Modulen, die jeweils eine Phase eines agilen Innovationsprozesses abbilden. Die Module bauen aufeinander auf, funktionieren jedoch auch eigenständig.
Die Vorteile des Innovation Huddles liegen in der kürzeren Durchführungszeit sowie der klar definierten Methodik der einzelnen Module. So passt das Innovation Huddle besser in den Alltag von Teams, die nicht hauptsächlich in Innovationsprozessen arbeiten.
Das Innovation Huddle ist die methodische Variante des Wandspruchs: Alle sagten ‘Das geht nicht!' Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es einfach gemacht.
Double Diamond
Das British Design Council brachte im Jahr 2005 das Double-Diamond-Modell hervor. In einer Zeit, in der Design Thinking noch nicht den heutigen Verbreitungsgrad erreicht hatte, lieferte das Vorgehen einen sehr ähnlichen Ansatz. Mit einem vergleichbaren Methoden-Set und ähnlichen Prinzipien arbeiten sich agile Teams mit dem Double Diamond durch vier lineare Phasen: Discover, Define, Develop und Deliver. In Abgrenzung zum Design Thinking-Ansatz geht das Britisch Design Council mit seinem Modell einen Schritt weiter. Statt mit der Evaluation eines Prototypen den Prozess zu beenden, integriert der Double Diamond auch die Entwicklungsphasen bis zur Markt- bzw. Nutzungsreife.
Customer Development
Noch einen Schritt weiter geht Steve Blank mit Customer Development. Während Design Thinking, Design Sprints und auch der Double Diamond sich auf die Lösung eines Problems fokussieren, den Problem-Solution-Fit, liefert das Modell des Silicon Valley-Entrepreneuers und Stanford-Professors auch Antworten auf die Vermarktung eines marktreifen Produktes, den Product-Market-Fit, und die damit verbundene Skalierung des Unternehmens. Damit ist Customer Development ein ganzheitlicher Ansatz zur Entwicklung von (Corporate) Start-ups oder neuer Business Units.
Lean Startup
Gemeinsam mit seinem Studenten Eric Ries entwickelte Steve Blank sein Customer Development-Modell weiter. Indem er Ideen aus dem Lean Management aufgriff, verschlankte er den Entwicklungsprozess radikal. Lean Startup eignet sich vor allem in Situationen, in denen Teams nur begrenzten Zugang zur Zielgruppe haben. Mit seinen sich stetig wiederholenden drei Schritten des Lean Startup-Zyklus – Build, Measure, Learn –beginnen agile Teams mit dem Aufbau eines möglichst einfachen Prototypen, statt – wie es in anderen Modellen üblich ist – mit der Erforschung der Kundenbedürfnisse. Das Modell brachte zudem das Konzept des MVP, des Minimum Viable Products hervor. Dieses definiert eine Version des Produktes, die zwar möglichst einfach gehalten, jedoch bereits vermarktbar ist.
Agiles Arbeiten und Ambidextrie
Anders als oftmals vermutet, ist agiles Innovationsmanagement nicht auf die Entwicklung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung begrenzt. Bedingt durch die schnelle Weiterentwicklung von Technologien, Kundenbedürfnissen und den steigenden Marktdruck müssen auch etablierte Bereiche häufiger hinterfragt werden als noch vor wenigen Jahren. Auch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung bringt neue Potenziale in Branchen und Unternehmensbereiche, sodass neben dem Tagesgeschäft auch Möglichkeiten zur Weiterentwicklung genutzt werden müssen.
Die Fähigkeit eines Unternehmens, sowohl bestehende Geschäftsmodelle zu optimieren als auch neue Innovationsfelder zu erschließen, nennt man Ambidextrie. Vor diesem Hintergrund machen die agilen Vorgehensmodelle des Innovationsmanagements auch in etablierten Bereichen eines Unternehmens Sinn.
Von komplex zu kompliziert: Agile Arbeit im Produkt- & Projektmanagement
Damit komplizierte oder komplexe Aufgaben erfolgreich gelöst werden, braucht es in der Regel ein Team aus Experten. Ab drei Personen steigt der Abstimmungsaufwand exponentiell und die Arbeit muss organisiert werden, damit es nicht zu Missverständnissen und/oder unbrauchbaren Lösungen kommt. Vorgehensmodelle im agilen Produkt- & Projektmanagement sind vor allem durch Ideen aus Scrum und Kanban geprägt. Es gibt jedoch auch Mischformen und Einflüsse aus anderen Bereichen.
Scrum
Ursprünglich in der Softwareentwicklung beheimatet findet das Scrum-Framework heute auch in anderen Bereichen Anwendung. Es eignet sich für Teams mit drei bis neun operativ agierenden Experten, die gemeinsam in einem Projekt arbeiten. Dabei sind Überschneidungen der Fähigkeiten im Team sinnvoll, aber keine Voraussetzung. Scrum kann für Projekte mit einer Laufzeit ab 3 Wochen sinnvoll eingesetzt werden.
Das Framework hilft einem Team, sich auf den Kundenmehrwert der geschaffenen Arbeitsergebnisse zu fokussieren und steigert diesen in einem fortlaufenden Arbeitszyklus – den sogenannten Sprints. Nicht die Effizienz steht im Vordergrund, sondern die Effektivität des agilen Teams.
Lean UX
Teams, deren Aufgabe darin besteht, fertige Lösungen weiterzuentwickeln und zu optimieren, kann Lean UX ein geeignetes Vorgehensmodell bieten. Wie Lean Startup basiert auch dieses Modell aus einem iterativen, sich wiederholenden Zyklus mit drei Schritten: Think, Make, Check. Der Methodenkoffer von Lean UX enthält sowohl Werkzeuge aus dem Design Thinking als auch aus dem User Experience Design und Performance Marketing. Ziel von Lean UX ist es, das Anwender-/Kundenerlebnis zu steigern, um die Akzeptanz und den Erfolg einer Lösung schrittweise zu erhöhen. Denkbar ist auch der Einsatz in anderen Arbeitsfeldern, wozu Methoden bedarfsweise angepasst oder ergänzt werden können.
Kanban
Abgeleitet aus dem Toyota-Produktionssystem wurde Kanban für den Einsatz in der IT weiterentwickelt, eignet sich jedoch ebenfalls für den Einsatz in anderen Bereichen. Kanban hilft vor allem in (Teil-)Bereichen von Projekten, in denen Aufgaben mit immer gleichem Ablauf, vergleichbar zu denen einer Produktion, bearbeitet werden: Artikel in einer Redaktion, Anfragen im Kundenservice, Fahrzeuge in der Wartung.
Anders als Scrum fokussiert Kanban das agile Team auf den Prozess. Das Modell bringt Teams dazu, ihre Arbeitsabläufe regelmäßig zu hinterfragen und die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden. So steigern sie ihre Durchlaufzeiten und können bei Bedarf mehr Durchsatz in gleicher Zeit erzielen. Bei Kanban steht die Effizienz im Vordergrund. Damit ist es streng genommen kein agiles, sondern ein „leanes“ Vorgehensmodell. Dennoch wird es häufig von agilen Teams eingesetzt. Kanban-Boards, die zur Visualisierung der Arbeitsschritte dienen, finden sich beispielsweise ebenfalls im Scrum-Kontext.
Scrumban / Scrum with Kanban
Zwischen Scrum und Kanban sind in den letzten Jahren einige Mischformen entstanden. Diese Vorgehensmodelle versuchen, das Beste aus beiden Frameworks zu vereinen, und sowohl die Effektivität als auch die Effizienz agiler Teams zu steigern.
Last Planner
Speziell für die Anforderungen im Bauwesen wurde das Last Planner-System entwickelt und in das für die Branche adaptierte Lean Management integriert. Ziel des Systems ist es, die Zuverlässigkeit der Abläufe und Gewerke zu erhöhen. Mit dem Vorgehen werden auch viele Prinzipien der agilen Arbeit in diesem Branchenkontext adaptiert.
Von kompliziert zu einfach: Agile Grundgedanken in planbarer Arbeit
Komplizierte und einfache Kontexte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nachvollziehbaren und analysierbaren Ursache-Wirkungsketten folgen. Dadurch ist die Arbeit in diesem Umfeld planbar und klassische Managementmethoden greifen. Vor allem Lean-Management oder auch Projektmanagement mit Meilensteinen und Arbeitspaketen sind in und für dieses Umfeld entwickelt worden.
Auch hier kann man sich agiler Werte und Prinzipien bedienen und einzelne Bausteine aus den Vorgehensmodellen nutzen.
Kapitel 3.5: Agile Organisationsstrukturen und -modelle
Mit steigendem Reifegrad werden auch die Organisationsstrukturen agiler Unternehmen neu betrachtet. Nachdem agile Vorgehensmodelle im Arbeitsalltag etabliert sind und agile Rollen im Unternehmen intigriert wurden, startet die agile Organisationsentwicklung. Sie ersetzt oder ergänzt Linien- oder Matrixstrukturen und sorgt unter anderem dafür, dass Wissensilos aufgelöst werden. Modelle wie DevOps oder DesignOps, bei denen Teams aus zwei Fachrichtungen für eine engere Zusammenarbeit und bessere Arbeitsergebnisse zusammengelegt werden, haben bereits ersten Einfluss auf die Team-Strukturen. In Unternehmen wie Bosch Power Tools, bei Siemens Power & Gas oder Daimler werden bereits agile Strukturen erfolgreich adaptiert und angewendet.
SAFe, LeSS, Nexum und Scrum of Scrums
Insbesondere für Unternehmen, die ihre Lösungen mit einer wachsenden Gruppe von Scrum-Teams weiterentwickeln, haben in den letzten Jahren Vorgehensmodelle zur Skalierung in der Organisation entwickelt. Ob Scaled Agile Framework (SAFe), Large-Scale Scrum (LeSS) oder Scrum of Scrums, all diese Frameworks geben agilen Organisationsentwicklern eine Blaupause für größere, Scrum-basierte Organisationen.
RenDanHeYi und Micro-Factories
Auch andere Unternehmen entwickeln agile Organisationsstrukturen und -modelle, mit denen sie die Prinzipien, Methoden und Praktiken neuer Arbeitsformen skalieren. Dabei strukturieren diese agilen Unternehmen sich zunehmend in kleineren, autonomen Einheiten, oft als Microenterprises oder Micro-Factories bezeichnet. Diese kompakten Einheiten agieren nicht nur auf der operativen Entscheidungsebene der täglichen Aufgaben, sie übernehmen zudem auch die wirtschaftliche Verantwortung für sich selbst.
Haier, der chinesische Hersteller für Weiße Ware, schafft in seinem RenDanHeYi-Modell ein klares, skalierbares System von Micro-Unternehmen. Diese Organisation mit rund 70.000 Mitarbeitern hat ein Netzwerk aus rund 4.000 dieser Microenterprises geschaffen. Jede dieser Einheiten wirtschaftet mit seinen Produkten oder Dienstleistungen eigenständig – 200 davon mit Fokus auf den Endverbraucher, die verbleibenden 3.800 als interne Services. Arbeitsprozesse, Vorgehensmodelle, interne Organisationsstruktur, Geschäftsmodell, Strategie, Vision und Zweck der Unternehmung werden autonom innerhalb eines definierten Rahmens entschieden.
Holacracy und Soziokratie
Im Zuge der Skalierung von Agilität in Unternehmen gehört Holocracy (oder Holokratie) zu den häufiger eingesetzten Organisationssystemen. Holocracy wurde durch das 1945 durch Kees Boeke entwickelten Managementsystem Soziokratie inspiriert, unterscheidet sich jedoch in zentralen Punkten (z.B. in Entscheidungsprozessen, Rollen und Kreis-Strukturen).
Da sowohl Holocacy als auch Soziokratie in seiner weiterentwickelten Form mit agilen und leanen Prinzipien kompatibel sind, trifft man sie verstärkt in agilen Organisationen an.
Holocracy und Soziokratie basieren auf der Idee, dass Organisationen sich in autonom agierende, cross-funktional zusammengesetzte Teams strukturieren. Die unterschiedlichen Kompetenzen befähigen diese sogenannten Holons bzw. Circles, eigenständig Grundsatzentscheidungen für ein klar abgegrenztes Themengebiet zu treffen. Die Soziokratie sieht für den Entscheidungsprozess ein strukturiertes Konsent-Verfahren vor. Auch das Vorgehensmodell kann in jedem Kreis variieren. So können agile Teams kontextabhängig zwischen Scrum, Kanban, Design Thinking und auch nicht agilen Modellen, wie dem Wasserfall- oder dem V-Modell, wählen. Auch gänzlich andere Vorgehensmodelle sind denkbar.
Die Mitarbeiter eines soziokratisch ausgerichteten Unternehmens organisieren ihre Arbeitsverteilung eigenständig und können gleichzeitig in mehreren Kreisen aktiv sein. Die Modelle legen zudem einen Schwerpunkt auf die präzise Definition von Rollen. Dabei entfallen Berufsbezeichnungen nach Position, die kein Fachgebiet definieren (z.B. E-Commerce-Manager, HR Business Partner oder Sales Partner DACH) wie auch Hierarchieangaben (z.B. Head of, Leiter, Director, Junior, Senior). Stattdessen fokussiert sich das Rollensystem auf die Fachexpertise und Talente der jeweiligen Person. In Holocrazy kann jedes Teammitglied auch mehrere Rollen annehmen.
Beispiel Squatification – Spotify Model bzw. Spotify Engineering Culture
In den letzten Jahren wurde in der agilen Szene viel über das „Spotify-Modell” gesprochen, auch wenn es sich dabei nicht um ein Organisationsmodell im eigentlichen Sinne handelt. Vielmehr ist damit eine Organisationsarchitektur mit lose definierten Ritualen gemeint. Die zugrunde liegenden Entscheidungs- und Wertschöpfungsprozesse bleiben aber offen. Spotify hatte zu dieser Zeit eine sehr spezifische Kultur, Wachstumsphase und Produktlandschaft. Die Struktur war darauf zugeschnitten, eine schnelle Produktentwicklung in vielen parallelen Teams zu ermöglichen. Überträgt man sie in andere Umgebungen ohne diesen Kontext, führt das häufig zu dem bereits erwähnten Cargo-Kult-Effekt: Begriffe und Strukturen werden übernommen, ohne die dahinterstehenden Prinzipien, Probleme und Rahmenbedingungen zu verstehen.
Das Spotify-Modell ist eine inspirierende Fallstudie für Teamorganisation, aber kein allgemein gültiges, agiles Organisationsmodell. Wer es kopiert, ohne es an die eigenen Ziele, Kultur und Rahmenbedingungen anzupassen, arbeitet am Problem vorbei.
Viele Unternehmen haben trotzdem versucht, dieses Modell zu kopieren, ohne den eigenen Kontext zu beachten. Zwei 2014 veröffentlichten Videos veranschaulichen die Kultur bei Spotify, einem digitalen Service für Musik-Streaming. Agile Coach Henrik Kniberg, der zwar am Modell mitgearbeitet hat, nicht aber sein Erfinder ist, zeigt, wie autonome Teams bei Spotify ihre damalige Zusammenarbeit in Squads, Tribes und Chaptern organisiert haben.
Teil 1: Spotify Engineering Culture (13:12 Min)
Teil 2: Spotify Engineering Culture (12:34 Min)
BSO/Cells
Deutlich unbekannter ist das Organisationsmodell BSO/Cells des niederländischen Unternehmers Eckart Wintzen, das er für sein IT-Unternehmen BSO (später BSO/Origin) entwickelte. In seinem Buch „Eckart’s Notes“ beschreibt Wintzen, wie sich die weltweit 10.000 Mitarbeitenden in autonomen Kreisen zu maximal 50 Kolleg*innen ohne Manager selbst führen. Das Besondere: Kommt ein/e 51. Kolleg*in hinzu, teilt sich die Gruppe organisch in zwei eigenständig operierende Einheiten. Zentrale Aufgaben wie die Buchhaltung oder PR werden aus einer schlank aufgestellten Verwaltung heraus organisiert, die sich ebenfalls als eigenständige Einheit, nicht aber als Führungsgremium sieht.
Heute wird das Modell z. B. von dem ebenfalls niederländischen Unternehmen Buurtzorg angewendet. Der 2007 gegründete Pflegedienst organisiert mit diesem System 10.000 Pfleger*innen in über 850 Einheiten.
Fazit: Agile Organisationsstrukturen – & modelle
Obwohl die Strukturen in den verschiedenen Organisationsmodellen sehr unterschiedlich sind, gibt es zentrale Gemeinsamkeiten. Agile Organisationen fördern auf struktureller Ebene die Selbstorganisation, Entscheidungsfreiheit und flexible Zusammenarbeit zwischen Teams aller Hierarchien und Bereichen. Dazu setzen sie auf Netzwerke statt Hierarchien und Vertrauen statt Kontrolle. Sie entwickeln iterativ ein Modell, das zur eigenen Unternehmenskultur, Branche und den spezifischen Herausforderungen passt, statt ein bestehendes Modell zu kopieren und auszurollen.
Kapitel 3.6: Agile Rollensysteme
Agile Organisationen setzen auf dynamische Rollensysteme, um Flexibilität, schnelle Entscheidungen und klare Verantwortlichkeiten zu gewährleisten. Konkrete und in der Organisation abgestimmte Rollen definieren sehr präzise die jeweiligen Zuständigkeiten. Daran gekoppelt bringen Rollensysteme die Entscheidungsmandate dorthin, wo die Handlungskompetenz am größten ist. So werden unnötige Abstimmungen oder Wartezeiten reduziert und die Effizienz im Team gesteigert.
Rollen selbst sind nicht an Personen oder Positionen gebunden, sondern flexibel besetzbar. Durch diese dynamische Struktur sind agile Organisationen besser auf Veränderungen vorbereitet und können sich schneller an neue Herausforderungen anpassen.
Der Unterschied zwischen Rollen & Titeln
In traditionellen Organisationen sind Titel meist fest mit einer Hierarchiestufe verbunden und definieren übergeordnete Verantwortlichkeiten. Sie sind häufig unflexibel und verändern sich nur durch eine formale Beförderung. Eine Person trägt in der Regel genau einen Titel, der ihre Position innerhalb der Organisation widerspiegelt.
Rollen hingegen sind dynamischer und entstehen aus aktuellen Anforderungen im Team. Sie sind nicht an eine feste Position gebunden, sondern an konkrete Aufgaben und Kompetenzen. Eine Person kann mehrere Rollen ausfüllen und flexibel zwischen ihnen wechseln. Die Vergabe von Rollen erfolgt oft selbstorganisiert im Team und orientiert sich an Fähigkeiten und Bedürfnissen, anstatt von Vorgesetzten von oben vorgegeben zu werden. Natürlich können auch Rollen dauerhaft vergeben bzw. besetzt werden – dies wird dann im jeweiligen Kontext abgestimmt.
Ein wesentlicher Unterschied liegt auch in der Verteilung von Macht und Verantwortung: Titel bringen oft dauerhafte Autorität mit sich, während Rollen eine temporäre Verantwortung innerhalb eines Teams übertragen.
Agile Organisationen setzen verstärkt auf rollenbasiertes Arbeiten, um Entscheidungswege zu verkürzen, Kompetenzen gezielt einzusetzen und eine anpassungsfähige Arbeitsweise zu fördern.
Fünf Vorteile von Rollensystemen in Organisationen
Ein gut strukturiertes Rollensystem bringt Klarheit und Effizienz in die Zusammenarbeit. Indem Verantwortlichkeiten eindeutig definiert sind, wissen Teammitglieder genau, wer für welche Aufgaben zuständig ist, was Missverständnisse und unnötige Abstimmungen reduziert. Gleichzeitig bleibt die Struktur flexibel: Rollen können je nach Projektanforderung oder individueller Entwicklung angepasst werden, ohne dass starre Hierarchien im Weg stehen. Dies fördert Eigenverantwortung, da Mitarbeitende bewusst Verantwortung für ihre Rolle übernehmen, was sich positiv auf Engagement und Motivation auswirkt.
Zudem sorgen klar definierte Entscheidungsmandate dafür, dass wichtige Entscheidungen schneller und effizienter getroffen werden, was den gesamten Arbeitsfluss verbessert. Durch den kontinuierlichen Dialog über Rollen und Zuständigkeiten wird außerdem die Zusammenarbeit gestärkt und Teams können sich besser auf ihre gemeinsamen Ziele fokussieren.
Fünf Risiken von Rollensystemen in Organisationen
Trotz der Vorteile erfordert die Einführung eines Rollensystems eine bewusste Steuerung, da sie mit einem höheren Koordinationsaufwand verbunden sein kann. Unklare oder überlappende Rollen führen oft zu Konflikten oder Unsicherheiten im Team, insbesondere wenn Zuständigkeiten nicht klar voneinander abgegrenzt sind. Auch der Wechsel von Rollen kann Herausforderungen mit sich bringen, da sich Teammitglieder erst in neue Verantwortlichkeiten einarbeiten müssen, was vorübergehend die Leistung beeinflussen kann.
Zudem besteht die Gefahr, dass sich in agilen Organisationen durch fehlende klassische Hierarchien neue, informelle Machtstrukturen bilden, die nicht immer transparent sind. Zusätzlich kann eine zu starre Definition von Rollen die ursprünglich angestrebte Flexibilität einschränken und kreative Potenziale ausbremsen, wenn Teammitglieder sich zu sehr an festgelegten Zuständigkeiten orientieren, anstatt dynamisch auf Veränderungen zu reagieren.
Rollenentwicklung: Vom Wertbeitrag zur klaren Verantwortung
Auch für Rollen gilt: Wer wirklich agil arbeiten will, kann nicht einfach bestehende Vorlagen kopieren. Damit agile Rollen Akzeptanz erfahren und Wirkung entfalten können, müssen diese individuell entwickelt und angepasst werden. Die Basis dafür ist ein gemeinsames Verständnis über die tatsächliche Wertschöpfung des Teams oder der Organisation. Hieraus werden zentrale Kerntätigkeiten als Grundlage für die verschiedenen Rollen identifiziert. Anschließend wird analysiert, welche weiteren Aufgaben und Entscheidungsmandate notwendig sind, damit die jeweiligen Rollen möglichst eigenständig und effizient agieren können.
- Kostenloser Download: Die Me & Company-Rollenkarte
Kostenloser Download: Die Me & Company-Rollenkarte
Dieses Vorgehen stellt sicher, dass Rollen nicht künstlich geschaffen oder aus bestehenden Jobtiteln abgeleitet werden, sondern direkt aus den Anforderungen der Arbeit entstehen. Das Ergebnis sind klare, handlungsfähige Rollen, die nicht nur eine flexible Zusammenarbeit ermöglichen, sondern auch dazu beitragen, dass Teams eigenverantwortlich Entscheidungen treffen können. In unserer Masterclass Agile Rollen zeigen wir, wie dieser Prozess konkret umgesetzt werden kann.
Um einen guten Einstieg in das Thema zu erhalten, können Organisationen mit Role Mapping starten.
Kapitel 3.7 Führung im agilen Kontext
Eine zentrale Rolle, die sich im agilen Kontext stark verändert, ist Führung. Die traditionellen hierarchischen Führungssysteme, die aus der industriellen Revolution und dem Taylorismus stammen, sind darauf ausgelegt, Effizienz und Skalierbarkeit durch klare Arbeitsteilung und strenge Prozesse zu maximieren. Sie haben viele Unternehmen erfolgreich gemacht, stoßen jedoch in der heutigen dynamischen, digitalisierten und wissensbasierten Wirtschaft an ihre Grenzen.
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Dynamische Veränderungen erfordern Anpassungsfähigkeit
Unternehmen müssen sich zunehmend schnell an veränderte Marktbedingungen anpassen. Lineare Entscheidungswege und starre Strukturen bremsen diese Anpassungsfähigkeit und machen Organisationen träge. -
Schnellere Entscheidungsprozesse sind notwendig
In klassischen Strukturen sind Entscheidungen oft an Führungsebenen gebunden, was zu Verzögerungen führt. Agile Organisationen setzen auf dezentralisierte Entscheidungsfindung, bei der Entscheidungen dort getroffen werden, wo die größte Handlungskompetenz liegt. -
Innovation und Kreativität brauchen neue Strukturen
Innovationsprozesse sind nicht mehr linear, sondern erfordern interdisziplinäre Zusammenarbeit. Experten müssen nicht mehr nacheinander, sondern miteinander arbeiten, um kreative Lösungen für komplexe Herausforderungen zu entwickeln. -
Mitarbeiterengagement wird zum zentralen Erfolgsfaktor
In der Wissensarbeit sind Motivation, Eigenverantwortung und Zusammenarbeit entscheidender als starre Prozesse. Führung muss sich darauf fokussieren, Mitarbeitende zu befähigen, statt sie zu kontrollieren.
Ein Lösungsansatz in agilen Organisationen ist es, einen Teil der klassischen Führungsaufgaben in die Teams zu geben. Entscheidungen werden dort getroffen, wo die Arbeit tatsächlich stattfindet, neue Produkte werden mit dem Feedback von realen Kunden entwickelt und langfristige Planungen werden durch iterative Reflexionsschleifen ersetzt.
Führungsrollen in agilen Organisationen
Wenn klassische Leitungsaufgaben in Teams verlagert werden, entsteht zunächst ein Vakuum für deren Führungskräfte. Ein Versuch, dies zu füllen, besteht darin, aus Manager*innen und Teamleiter*innen Agile Coaches, Scrum Master oder Product Owner zu machen. Das Problem hierbei ist jedoch, dass diese sehr konkreten Rollen ganz andere Kompetenzen und Wissenshintergründe benötigen.
Es gibt jedoch gerade im agilen Kontext diverse Entwicklungsmöglichkeiten, wie der entstehende Freiraum sinnvoll ausgefüllt werden kann. Der Fokus verschiebt sich von Planung und Prozess auf Menschen und Beziehungen und kann je nach individuellen Stärken und Interessen sowie dem Bedarf des Teams gewählt und angepasst werden.
Im Coaching arbeiten wir mit sechs Grundtypen, die unterschiedliche Perspektiven und Handlungsschwerpunkte in die Zusammenarbeit im Team oder in der Organisation einbringen.
1. Visionär*in – Mitreißen und begeistern
Visionäre inspirieren Teams mit einer klaren, überzeugenden Zukunftsvision. Sie geben eine strategische Richtung vor und schaffen ein inspirierendes Arbeitsumfeld.
Steve Jobs als Mitbegründer von Apple ist das Paradebeispiel für einen visionären Führer. Er war bekannt für seine außergewöhnliche Fähigkeit, immer wieder neuen Ideen zu folgen und trotz vieler gescheiterter Versuche zukünftige Trends und innovative Produkte zu schaffen, die die Welt veränderten.
2. Architekt*in – Strukturieren und ordnen
Architekten schaffen die Rahmenbedingungen für effiziente Zusammenarbeit, indem sie Strukturen gestalten, Prozesse optimieren und Ressourcen sinnvoll einsetzen.
Tim Cook, CEO von Apple, hat Infrastrukturen und Prozesse bei Apple maßgeblich geprägt, um Effizienz und Produktinnovation zu steigern. Unter seiner Führung hat Apple seine Lieferkette optimiert und ein starkes Ökosystem von Produkten und Dienstleistungen entwickelt, das Kunden weltweit begeistert. Cooks strategische Entscheidungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Datenschutz und Technologieentwicklung unterstreichen seine Fähigkeiten als Architekt, der nicht nur die internen Abläufe optimiert, sondern auch die Grundlagen für langfristigen Erfolg und Verantwortung legt.
3. Coach – Befähigen und voranbringen
Coaches unterstützen die Menschen und Teams dabei, sich weiterzuentwickeln, eigenständig zu arbeiten und ihr volles Potenzial zu entfalten. Sie geben Impulse, fördern Reflexion und stellen Fragen, anstatt Lösungen vorzugeben.
Bodo Janssen revolutionierte als CEO von Upstalsboom die Führungskultur durch Coaching, indem er auf Vertrauen und Wertschätzung setzte. Seine Methoden förderten ein positives Arbeitsklima, steigerten die Mitarbeiterzufriedenheit und führten zu Erfolgen in Produktivität und Kundenservice.
4. Expert*in – Fachlich entwickeln und verbessern
Experten bringen tiefgehendes Fachwissen ein, um kontinuierliche Verbesserung und technische Exzellenz sicherzustellen.
Paul Allen, Mitbegründer von Microsoft, illustriert die Rolle eines Experten durch seine Rückkehr zu seinen technischen Wurzeln nach seiner aktiven Zeit im Management. Allen widmete sich später tiefgreifenden Forschungen in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Weltraumforschung und Biotechnologie durch seine privaten Unternehmen und Stiftungen. Seine Fähigkeit, visionäre Projekte anzustoßen und fachliches Wissen auf höchstem Niveau einzusetzen, machten ihn zu einem Pionier und wertvollen Experten in mehreren zukunftsweisenden Technologiefeldern.
5. Owner – Priorisieren und liefern
Owner übernehmen Verantwortung für Ergebnisse und stellen sicher, dass die gesetzten Ziele erreicht werden. Sie treffen Entscheidungen, priorisieren Aufgaben und halten den Fokus.
Als Erfinder des beutellosen Staubsaugers hat James Dyson durch hartnäckige Zielverfolgung und kontinuierliche Verbesserung ein globales Technologieunternehmen aufgebaut. Dyson verkörpert die Rolle des Owners durch seine Fähigkeit, visionäre Produkte zu konzipieren, zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, die Industriestandards neu definieren und den Geschäftswert nachhaltig steigern.
6. Sponsor – Bewerten und investieren
Sponsoren stellen Ressourcen bereit und unterstützen gezielt Initiativen, um nachhaltigen Erfolg zu ermöglichen.
Indra Nooyi, ehemalige CEO von PepsiCo, hat sich während ihrer Amtszeit stark für Innovation und Wandel eingesetzt, indem sie Ressourcen für nachhaltige Initiativen bereitstellte und eine Kultur der Gesundheit innerhalb des Unternehmens und seiner Produkte förderte. Ihre Unterstützung für diese Veränderungen war entscheidend für den langfristigen Erfolg und das Wachstum von PepsiCo.
Diese Führungsrollen ermöglichen es agilen Organisationen, Führung flexibel und situationsgerecht zu gestalten. Statt an Hierarchien zu hängen, steht die Frage im Fokus: Welche Führung braucht das Team gerade, um erfolgreich zu sein?
Kapitel 3.8 Agile Unternehmensleitplanken
Bei Agilität auf Unternehmensebene geht es viel um Selbststeuerung. Dadurch sollen Bereiche und Teams die Möglichkeit haben, mehr Verantwortung für die eigene Arbeit zu übernehmen. Unter anderem setzen sie sich auch eigene Ziele.
Damit die gesamte Organisation trotzdem in die gleiche Richtung läuft und die Ziele sich ergänzen, benötigt es sinnvolle Leitplanken. Diese müssen auf der einen Seite offen genug sein, um in dynamischen Umfeldern handlungsfähig zu bleiben, und gleichzeitig so konkret, damit Teams für sie passende Ziele ableiten können. Daher arbeiten wir in unseren Projekten mit verschiedenen Ebenen: Purpose, Vision, Mission und Strategie – sie definieren, warum eine Organisation existiert, welche Zukunft sie anstrebt, welche Aufgaben sie verfolgt und wie sie diese umsetzt.
Purpose, Vision, Mission, Strategie
Der Purpose beschreibt den grundlegenden Zweck einer Organisation – die übergeordnete Daseinsberechtigung, die über Produkte oder kurzfristige Geschäftsziele hinausgeht. Häufig entsteht er aus der ursprünglichen Motivation der Gründer oder anderer prägender Personen und überträgt sich mit der Zeit auf die gesamte Organisation. Er dient als Orientierungspunkt für Mitarbeitende und Stakeholder, um zu prüfen, ob die eigenen Werte und Überzeugungen mit denen der Organisation übereinstimmen. Ein klar formulierter Purpose schafft Sinnstiftung, Verbundenheit und langfristige Motivation, da er den tieferen Grund für das tägliche Handeln verdeutlicht.
Die Vision beschreibt das Bild, wie eine bessere Welt in der Zukunft aussehen soll – und welche Rolle die Organisation in dieser Zukunft spielen möchte. Sie bietet Orientierung und weist in die angestrebte Richtung, ohne dabei einen konkreten Weg festzulegen. Eine starke Vision inspiriert und schafft eine gemeinsame Vorstellung davon, welchen positiven Beitrag die Organisation zur Gesellschaft hat, in der sie agiert. Sie ist erreichbar, aber niemals abgeschlossen, da sie immer weiterentwickelt werden kann, um sich an neue Herausforderungen und Chancen anzupassen.
Die Mission beschreibt die fokussierten Handlungsfelder der Organisation und gibt einen Rahmen, mit welchem Leistungsversprechen diese erreicht werden sollen. Damit grenzt sie die Kernzielgruppe und das Angebotsportfolio ein und ist handlungsleitend für die Entscheidungsfindung. Sie hilft, Energie und Ressourcen gemeinsam, bewusst und abgestimmt auf die relevantesten Themen zu verteilen.
Die Strategie beschreibt die aktuell erfolgsverspechensten Handlungsoptionen der Organisation. Diese helfen, den Status Quo zu verstehen und gleichen ihn mit dem gewünschten Zielbild aus der Mission ab. Daraus wird wiederum abgeleitet, wofür die verfügbaren Ressourcen am sinnvollsten investiert werden. In einer dynamischen Welt bedeutet Strategie immer auch eine Wette auf die Zukunft – mit dem Bewusstsein, dass Annahmen überprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst werden müssen. Strategische Hypothesen fördern ein gemeinsames Verständnis, welche Ergebnisse sich Organisationen mit welchem Einsatz erhoffen.
Ziele
Ziele beschreiben die konkreten nächsten Schritte, die gegangen werden, um die Strategie umzusetzen. Dabei fokussieren agile Unternehmen sich allerdings nicht auf die Profitmaximierung, sondern stellen vor allem die Frage nach dem Mehrwert für ihre Kunden und Nutzer in den Mittelpunkt. Das heißt, dass sich Ziele im agilen Kontext auf den möglichen Outcome konzentrieren – also auf die Wirkung der eigenen Arbeit. Erst im nächsten Schritt wird überlegt, welchen Output die Organisation erschaffen muss, um diese Ziele zu erreichen. Der Unterschied wird im „Change-the-world”-Modell frei nach Jeff Patton deutlich.
Ein zentraler Aspekt agiler Zielsetzung ist die enge Verbindung zur Strategie. Ziele sollten sich klar aus der strategischen Ausrichtung ableiten und sicherstellen, dass Teams nicht nur beschäftigt sind, sondern gezielt an der Umsetzung der übergeordneten Unternehmensvision arbeiten. Gleichzeitig sind klassische Jahresplanungen oft wenig sinnvoll, da sich Rahmenbedingungen dynamisch ändern. Agile Organisationen setzen daher auf iterative Zielsetzungsprozesse, die regelmäßig überprüft und angepasst werden. Durch diesen flexiblen Ansatz bleibt die Organisation handlungsfähig und kann Prioritäten schnell neu ausrichten.
Damit der eigene Fortschritt auch sichtbar wird, nutzen agile Organisationen verschiedene metrische Perspektiven. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Lagging- und Leading-Metriken:
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Lag-Metriken messen ein Ergebnis zum Ende hin (z. B. Umsatzsteigerung oder Kundenzufriedenheit).
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Lead-Metriken helfen dabei, frühzeitig abzuschätzen, ob man auf dem richtigen Weg ist (z. B. Anzahl neuer Leads oder Kundeninteraktionen).
Ein weiterer zentraler Aspekt in agilen Zielsetzungssystemen ist die regelmäßige Abstimmung der gesetzten Ziele und der eingesetzten Ressourcen. Spätestens Corona hat gezeigt, wie schnell Jahrespläne komplett obsolet werden können. Sobald Organisationen akzeptieren, dass die langfristige, realistische Planbarkeit in dynamischen Umfeldern eine Illusion ist, öffnet dies den Weg für die iterative Priorisierung auf die relevantesten Handlungsfelder. Dadurch wird auch die Abstimmung von Engpässen in der Organisation erleichtert, weil die notwendige Unterstützung innerhalb der Organisation konkreter und fokussierter abstimmt wird.
Fazit: Agile Zielsetzung als dynamischer Steuerungsmechanismus
Agile Organisationen setzen auf zielgerichtete Selbststeuerung, um in dynamischen Umfeldern handlungsfähig zu bleiben. Damit Teams ihre eigenen Ziele setzen können, ohne dass die Organisation in unterschiedliche Richtungen driftet, braucht es klare, aber flexible Leitplanken. Purpose, Vision, Mission und Strategie schaffen diesen Rahmen, indem sie Orientierung bieten, die über kurzfristige Geschäftsziele hinausgeht.
Innerhalb dieses Rahmens fokussieren sich Teams auf die Wirkung der eigenen Arbeit und stellen den Mehrwert für Kunden und Nutzer in den Mittelpunkt. In einem iterativen Dialog werden die Ziele regelmäßig überprüft und organisationsweite Abstimmungen und Unterstützungen vereinbart. Dadurch bleibt die Organisation anpassungsfähig und kann die aktuell verfügbaren Ressourcen gezielt auf die erfolgsversprechendsten Maßnahmen ausrichten. So entsteht ein flexibles, aber kohärentes Steuerungssystem, das Agilität auf Unternehmensebene ermöglicht.
Kapitel 4: Agile Arbeit im Unternehmen einführen
Die Notwendigkeit für eine agile Transformation ergibt sich aus den dynamischen Marktbedingungen und der zunehmenden Komplexität der heutigen Geschäftswelt. Traditionelle, hierarchische Modelle stoßen dabei oft an ihre Grenzen. Durch die Umstellung auf agile Prinzipien können Unternehmen flexibler agieren, innovativer sein und die Zufriedenheit sowohl der Kunden als auch der Mitarbeitenden erhöhen.
Kapitel 4.1: Vom Status quo zur agilen Transformation – Warum der Reifegrad entscheidend ist
Der erste Schritt einer erfolgreichen agilen Transformation besteht darin, den aktuellen Stand der Organisation zu verstehen. Bevor neue Methoden eingeführt oder Strukturen verändert werden, ist es essenziell zu analysieren, wie agil das Unternehmen bereits arbeitet und welche Herausforderungen bestehen. Ohne diese Bestandsaufnahme besteht die Gefahr, dass Maßnahmen ins Leere laufen oder Widerstände verstärken.
Hier kommt die Messung des agilen Reifegrads ins Spiel. Sie hilft, Stärken, Schwachstellen und Entwicklungspotenziale sichtbar zu machen und gezielt dort anzusetzen, wo Veränderungen den größten Mehrwert bieten. Statt Agilität nach einem festen Schema einzuführen, können Organisationen auf Basis ihres individuellen Reifegrads maßgeschneiderte Schritte ableiten und die Transformation pragmatisch gestalten.
Eine effektive Messung agiler Reife geht über reine Methoden-Checks hinaus. Es reicht nicht zu erheben, ob Scrum oder Kanban genutzt werden – entscheidend ist, wie gut die Prinzipien agiler Zusammenarbeit tatsächlich gelebt werden. Dazu werden verschiedene Dimensionen betrachtet, etwa Entscheidungsprozesse, Zusammenarbeit im Team, Kundenorientierung und die Fähigkeit, sich flexibel an neue Herausforderungen anzupassen.
Agile Flywheel
Das Agile Flywheel ist ein Instrument zur Messung der agilen Reife von Teams und Organisationen. Es unterstützt dabei, den aktuellen Status der Zusammenarbeit zu bewerten, Barrieren zu identifizieren und Entwicklungspotenziale aufzudecken. Durch die Analyse der agilen Reife können gezielte Maßnahmen abgeleitet werden, um die Transformation hin zu einer agileren Arbeitsweise effektiv zu gestalten.
Das Modell basiert auf den vier zentralen agilen Werten:
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Kundenzentrierung: Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden und regelmäßige Zusammenarbeit mit ihnen zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen.
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Wirkungsfähigkeit: Sicherstellung eines klaren Fokus im Team, Übernahme durchgängiger Verantwortung durch Teams und die Schaffung echten Mehrwert für die Kundschaft.
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Anpassungsfähigkeit: Flexibel auf Veränderungen reagieren, Experimente durchführen und unfertige Ideen teilen.
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Verbundenheit: Qualität der Beziehungen innerhalb des Teams, geprägt von Vertrauen, Wertschätzung und konstruktivem Umgang mit Konflikten.
Wenn wir über agiles Arbeiten reden, wollen wir möglichst verschiedene Perspektiven beleuchten. Daher betrachtet unser Agile Flywheel sechs Dimensionen der Zusammenarbeit, von Individuen über Teams und die gesamte Organisation bis hin zur Einbettung in den Markt und die Gesellschaft, in der die Organisation agiert. Im Einzelnen betrachtet das Agile Flywhell die folgenden Aspekte.
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Arbeit als Einzelperson: Verantwortungsübernahme und Arbeitsweise der einzelnen Mitarbeitenden.
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Arbeit in Teams: Umsetzung von Aufgaben, Teamdynamik und die Rahmenbedingungen für die Teamarbeit.
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Arbeit zwischen Teams: Zusammenarbeit und Schnittstellenmanagement zwischen verschiedenen Teams.
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Arbeit an der Organisation: Aktivitäten der Entscheidungsgremien, die den organisatorischen Rahmen gestalten.
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Arbeit an der Strategie: Arbeit der Gremien, die die strategische Ausrichtung des Unternehmens bestimmen.
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Arbeit mit dem Umfeld: Ausrichtung des Unternehmens in Bezug auf externe Partner und die Gesellschaft.
Durch die Erhebung eines Flywheel Scores mittels Umfragen können Unternehmen den Reifegrad in diesen Dimensionen erheben. Dies ermöglicht es, Fortschritte zu messen, Trends zu erkennen und gezielte Maßnahmen zur Weiterentwicklung der agilen Zusammenarbeit abzuleiten. Das Agile Flywheel dient somit als wertvolles Werkzeug für Teams, Agile Coaches und Führungskräfte, um die agile Transformation systematisch und datenbasiert voranzutreiben.
Kapitel 5: Agilität und KI – Wie sich neue Technologien und adaptive Arbeitsweisen ergänzen
KI als Verstärker für agile Arbeitsweisen
KI kann agile Methoden und Entscheidungsprozesse unterstützen, indem sie hilft, bessere Daten zu generieren, Muster zu erkennen und Automatisierung gezielt dort einzusetzen, wo sie die Effizienz steigert, ohne die Kreativität und Eigenverantwortung der Teams einzuschränken. Hier einige Beispiele:
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KI-gestützte Entscheidungsfindung: Algorithmen helfen dabei, große Datenmengen auszuwerten und Trends frühzeitig zu erkennen – eine wichtige Ergänzung für strategische Entscheidungen und iteratives Lernen.
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Automatisierte Routineaufgaben: KI kann Teams von repetitiven Aufgaben entlasten, sodass sich diese stärker auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren können. Beispiele sind automatisierte Marktanalysen, generative KI für Text- oder Code-Erstellung oder smarte Assistenten für Projektmanagement.
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Bessere Vorhersagen für Planning & Forecasting: Während agile Teams mit Unsicherheiten umgehen müssen, kann KI helfen, verschiedene Szenarien datenbasiert zu simulieren und damit fundiertere Planungshypothesen aufzustellen.
Agilität als Lernsystem für KI nutzen
Agile Methoden haben sich als besonders wirkungsvoll erwiesen, wenn mit Unsicherheiten und schnellen Veränderungen umgegangen werden muss. Diese Fähigkeit ist auch in der Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) entscheidend. KI-Modelle sind nicht statisch – sie lernen kontinuierlich aus neuen Daten, entwickeln sich weiter und liefern im besten Fall immer bessere Ergebnisse. Damit Unternehmen das volle Potenzial von KI ausschöpfen können, braucht es eine Arbeitsweise, die iteratives Lernen ermöglicht und sich flexibel an neue Erkenntnisse anpasst.
Agile Prinzipien bieten hierfür eine ideale Grundlage: Schnelle Feedbackzyklen, cross-funktionale Zusammenarbeit und ein explorativer Ansatz helfen dabei, KI-Systeme gezielt weiterzuentwickeln. Statt eine KI-Lösung einmalig zu definieren und auszurollen, braucht es eine iterative Herangehensweise, bei der Hypothesen getestet, Ergebnisse evaluiert und Modelle laufend optimiert werden.
Drei zentrale Aspekte sind dabei besonders wichtig:
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Iterative Modellverbesserung: KI-Systeme basieren auf Daten – und diese Daten verändern sich ständig. Agile Methoden helfen, ein strukturiertes, schrittweises Lernen zu ermöglichen, bei dem Modelle kontinuierlich angepasst und verbessert werden.
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Cross-funktionale Zusammenarbeit: KI-Projekte erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen, Entwicklern, Data Scientists und Nutzer*innen. Agilität stellt sicher, dass alle Perspektiven frühzeitig eingebunden und relevante Anforderungen iterativ weiterentwickelt werden.
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Schnelle Feedbackschleifen: KI-Systeme müssen regelmäßig überprüft und optimiert werden, um sicherzustellen, dass sie die gewünschten Ergebnisse liefern. Durch agile Methoden wird ein schneller Lernprozess ermöglicht, bei dem Modellanpassungen datenbasiert und nutzerorientiert erfolgen.
Herausforderungen an die agile Arbeitsweise durch KI
Trotz vieler Vorteile stellt KI auch neue Anforderungen an agile Teams und Organisationen. Während agile Arbeitsweisen darauf ausgelegt sind, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, bringt KI eine zusätzliche Dimension der Dynamik mit sich: Sie entwickelt sich nicht nur durch menschliche Entscheidungen weiter, sondern auch durch selbstlernende Algorithmen, die mit neuen Daten arbeiten. Das stellt Unternehmen vor Herausforderungen in Bezug auf Transparenz, Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeiten.
Ein weiteres Spannungsfeld entsteht durch die zunehmende Automatisierung: KI kann Prozesse und Entscheidungen beschleunigen, aber sie macht auch bestehende Rollen und Arbeitsweisen teilweise obsolet oder verändert sie grundlegend. Agile Teams müssen sich daher nicht nur mit der Integration von KI in ihre Prozesse beschäftigen, sondern auch mit der Frage, wie sich ihre eigene Rolle in einer zunehmend KI-gestützten Arbeitswelt weiterentwickelt.
Drei zentrale Herausforderungen für agile Organisationen sind dabei:
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Entscheidungsprozesse und Verantwortung: KI-Systeme treffen Entscheidungen auf Basis von Daten und Algorithmen, die für Menschen oft nicht direkt nachvollziehbar sind. Agile Teams müssen sicherstellen, dass Entscheidungswege transparent bleiben und klare Verantwortlichkeiten definiert sind – insbesondere bei kritischen Geschäftsprozessen.
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Neues Lernen und Upskilling: Der Einsatz von KI verändert viele Jobprofile und macht neue Fähigkeiten erforderlich. Agile Organisationen müssen eine kontinuierliche Lernkultur fördern, um sicherzustellen, dass Mitarbeitende mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten und KI sinnvoll nutzen können.
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Datengetriebene Agilität: Agilität basiert traditionell auf schnellen Feedbackzyklen und iterativem Lernen. KI erweitert diesen Ansatz, indem sie riesige Mengen an Daten in Echtzeit verarbeitet. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass sie datengetriebene Erkenntnisse sinnvoll in ihre Entscheidungsprozesse einbinden, ohne dabei die menschliche Perspektive und Intuition zu verlieren.
Fazit: Agilität als Schlüssel zur erfolgreichen Nutzung von KI
KI wird die Zukunft der Arbeit prägen, doch ihr Erfolg hängt davon ab, wie gut Unternehmen ihre Technologie in bestehende agile Strukturen einbetten. Organisationen, die es schaffen, KI als lernendes, adaptives Werkzeug zu verstehen, das agil weiterentwickelt und hinterfragt wird, können enorme Wettbewerbsvorteile erzielen.
Agilität und KI sind somit keine Gegensätze – sie verstärken sich gegenseitig. Die Kombination aus flexiblen Strukturen, iterativer Entwicklung und datengetriebenen Erkenntnissen kann Unternehmen dabei helfen, sowohl innovativer als auch reaktionsfähiger in dynamischen Märkten zu agieren.
Fazit: Agilität als dynamischer Kompass für moderne Organisationen
Agiles Arbeiten ist weit mehr als ein Methodenbaukasten – es ist ein dynamischer Steuerungsmechanismus, der Organisationen dabei hilft, sich flexibel und zielgerichtet auf eine sich ständig verändernde Umwelt einzustellen. Statt starrer Planungszyklen oder ausschließlich auf Shareholder Value ausgerichteter Zielsetzungen ermöglicht Agilität eine iterative Annäherung an sinnvolle Ergebnisse, die sowohl für Unternehmen als auch für deren Kunden und Mitarbeitende Mehrwert schaffen. Entscheidend ist dabei nicht nur die Wahl der richtigen Methoden, sondern vor allem eine klare Ausrichtung entlang eines übergeordneten Rahmens aus Purpose, Vision, Mission und Strategie.
Um Agilität wirksam zu verankern, braucht es mehr als kurzfristige Initiativen oder isolierte Teams, die einzelne agile Praktiken anwenden. Vielmehr geht es darum, organisationsweit eine neue Form der Zusammenarbeit zu etablieren – eine, die auf kontinuierlicher Reflexion, iterativer Zielsetzung und einer engen Verbindung zwischen Strategie und operativer Umsetzung basiert. Indem Unternehmen diesen Rahmen bewusst gestalten und regelmäßig justieren, schaffen sie ein System, das flexibel genug ist, um auf Veränderungen zu reagieren, und gleichzeitig stabil genug, um eine gemeinsame Richtung zu wahren.
Letztlich ist Agilität kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um in einer zunehmend komplexen und dynamischen Welt erfolgreich zu bleiben. Es geht darum, sich nicht auf kurzfristige Optimierungen oder Kontrolle zu versteifen, sondern eine Lern- und Anpassungsfähigkeit zu entwickeln, die nachhaltigen Erfolg ermöglicht. Unternehmen, die dies verstehen, werden nicht nur resilienter, sondern können langfristig sinnstiftend wirtschaften – für sich selbst, ihre Kunden und die Gesellschaft, in der sie agieren.